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       # taz.de -- Bericht der Bundesregierung: Die Armutsfrage
       
       > Wie hat sich die Armut in Deutschland entwickelt? Der Bericht liefert
       > dazu unterschiedliche Zahlen – Corona dürfte den Ausblick weiter trüben.
       
   IMG Bild: Wie sich Corona auf die Armutsquote auswirkt, ist noch nicht klar: leere Einkaufsstraße in Essen
       
       Berlin taz | Nachdem die Armut in Deutschland lange Zeit zunahm, hat sie
       sich mittlerweile bei etwa 16 Prozent der Bevölkerung eingependelt. Im
       neuen Armuts- und Reichtumsbericht, den die Bundesregierung am Mittwoch
       beschließen will, stehen allerdings unterschiedliche Zahlen zur Entwicklung
       seit 2014. [1][Einigen Statistiken zufolge sinkt die Armutsrisikoquote] –
       mit dem Mikrozensus deutet jedoch ein Datensatz darauf hin, dass sie in
       Deutschland wieder zunimmt.
       
       Was die Folgen der Coronakrise betrifft, herrscht ein Schwebezustand.
       [2][Die Regierung befürchtet, die Ungleichheit zwischen Arm und Reich
       könnte wachsen.] Dass die Schulen lange geschlossen waren und der
       Unterricht eingeschränkt ist, wirft Lernende mit Benachteiligungen weiter
       zurück. Wegen der Geschäftsschließungen verlieren ohnehin schlecht
       verdienende Beschäftigte einen Teil ihres Einkommens. Doch wie sich Corona
       auf die Armutsquote auswirkt, ist nicht klar – für 2020 fehlen bisher die
       Daten.
       
       Der bundesdeutsche Mikrozensus weist nach einem Rückgang 2018 für 2019
       wieder einen leichten Anstieg bei der Armutsrisikoquote aus. Der
       Regierungsbericht vermerkt jedoch positiv, dass der Wert in zwei anderen
       Statistiken zurückgeht: In der europäischen Untersuchung EU-Silc ist die
       Armutsrisikoquote 2018 unter 15 Prozent gesunken, im Sozio-oekonomischen
       Panel auf 16 Prozent. Die Armutsrisikoquote beschreibt den Anteil der
       Bevölkerung, der nur 60 Prozent des mittleren Haushaltsnettoeinkommens oder
       weniger zur Verfügung hat.
       
       ## Die Linke fordert „sanktionsfreie Mindestsicherung“
       
       Dass die Armut seit dem Jahr 2000 zunahm, lag unter anderem an den
       Hartz-Gesetzen. Die Trendwende basiert nicht zuletzt auf der Einführung des
       gesetzlichen Mindestlohns. So profitieren seit 2015 selbst die am
       schlechtesten verdienenden 10 Prozent der Bevölkerung von höheren Löhnen
       und Haushaltseinkommen. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) plädierte
       dafür, den Mindestlohn von augenblicklich 9,50 Euro brutto pro Stunde auf
       12 Euro anzuheben. Derzeit finde sozialer „Aufstieg von der Mitte nach
       oben“ statt, „aber nicht von unten in die Mitte“.
       
       Einen „Coronazuschlag auf die Grundsicherung“ forderte Katja Kipping, die
       sozialpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag – außerdem eine
       „sanktionsfreie Mindestsicherung: Kein Erwachsener soll im Monat unter
       1.200 Euro fallen.“
       
       „Armut und Ungleichheit bleiben auf einem nicht akzeptablen Niveau“, sagte
       Wolfgang Strengmann-Kuhn, Sprecher für Arbeitsmarktpolitik der Grünen. „Die
       Armut verfestigt sich, wer unten ist, bleibt unten.“ Er plädierte für die
       „Überwindung von Hartz IV durch eine Garantiesicherung, die das
       soziokulturelle Existenzminimum in jeder Lebenslage sicherstellt“.
       
       11 May 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.armuts-und-reichtumsbericht.de/DE/Indikatoren/Armut/Armutsrisikoquote/A01-Indikator-Armutsrisikoquote.html
   DIR [2] /Umverteilung-der-Steuerlast/!5764229
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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