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       # taz.de -- Die Wahrheit: Gemixte Gefühle
       
       > Am 13. Mai ist Tag des Cocktails. Ein paar ebenso passende wie köstliche
       > Rezepte für schwer Gemischtes und leicht Vermischtes.
       
   IMG Bild: Da sagt selbst die Cocktail-Drossel James Bond nicht nein
       
       Längst hat die Pandemie unsere Trinkgewohnheiten verändert. Wegen der
       Zugangssperren für Bars spielt sich dort wenig ab, eher schon, je nach
       Inzidenz, in der Außengastronomie. Nicht selten poppen in gewöhnlichen
       Kellern spontane „Skihüttn“ auf. Homedrinking ist schwer angesagt und
       erspart die Barzahlung. Hier lassen sich nach exzessivem Binge-Glotzing
       ungestört die Cocktail-Gebräuche internationaler Filme und Serien im
       Maßstab eins zu eins nachspielen: Die Tequila-Mischung aus „Narcos“ oder
       aus „Mad Men“ den „Old Fashioned“ mit Amarenokirsche und Angostura – im
       Getümmel kann durchaus mal verstohlen aufs Etikett schielen, wer wissen
       will, worum es sich um Gottes willen bei Angostura handelt.
       
       Zu den Winnetou-Filmen eignet sich immer etwas mit Slivowitz, schließlich
       wurde damals auf dem Balkan gedreht. Aber Vorsicht: Tonic ist trotz seiner
       Endung kein Getränk aus dem ehemaligen Jugoslawien, passt aber wegen seines
       Chinin-Gehalts gut in unsere Breiten, vor allem, seit die Tigermücke sich
       hier heimisch fühlt, denn Chinin ist die optimale Vorsorge gegen Malaria.
       
       Ohnehin ist die bunte Welt der Drinks ständigen Erschütterungen ausgesetzt,
       es gibt Modedrinks und Trendgetränke, die nach kurzer Zeit schon wieder
       out sein können, da muss man sich täglich updaten, wenn man vor Freunden,
       Bekannten, Kollegen oder Dates nicht wie ein Volltrottel dastehen will.
       Nichts ist am Tresen blamabler als ein wartender Bartender.
       Glücklicherweise sind längst alle Sprüche mit „geschüttelt“ und „gerührt“
       gemacht, und Witze über mexikanisches „Corona“-Bier braucht auch kein
       Mensch mehr. Ebenso wenig ist „Mens sana in campari soda“ mehr originell.
       Gerade noch so darf man mal lakonisch bemerken: „It’s five o’clock
       somewhere.“
       
       ## Kein Sprizz für Geimpfte
       
       „Aperol Sprizz“ sollte nach Möglichkeit momentan nicht geordert werden,
       beim Impfen wird schon genug in den Körper gespritzt. Mit einem „Lillet
       Lemon“ können Freunde des hochprozentigen Getränks da schon eher punkten,
       seit James Bond in „Casino Royal“ statt eines „Martini dry“ tatsächlich
       einen „Vesper Martini“ mit Lillet verköstigt hat – 007 auf alkoholischen
       Abwegen: Licence to Lillet. Wenn das mal gut geht …
       
       Besser wäre der „Negroni Vacchinetto“ mit großfrüchtigen Moosbeeren (aka
       Cranberry), Hämoglobin und Rosmarinzweig. Erstaunlich ist hingegen die
       Eierlikör-Renaissance – mit Sahnehäubchen, versteht sich, und für das
       kommende Jahr darf man irgendetwas schwer Gemischtes mit Ahoi-Brause,
       Bärlauch und dem legendären Elixir de Cuba erwarten, jetzt nachdem die
       Castros endgültig aus der Regierung des Inselstaates ausgeschieden sind.
       
       ## Wortspiele nach Gin
       
       Der aktuelle Bourbon-Boom mit abgefeimten Aromafacetten ist indes nicht zu
       unterschätzen, ebenso wenig wie der anhaltende Siegeszug des Gins: Vor
       ungefähr siebzehn Jahren hat es der Gin auf die Shortlist der deutschen
       Longdrinks geschafft, nach einem Dornröschenschlaf von mehreren
       Jahrzehnten, während denen er vor allem als Einschlafgetränk von Queen Mum
       berüchtigt war und generell als Paradebeispiel für die Spleens der
       Engländer. In Großbritannien nahm der Staat zeitweilig mit Gin mehr
       Steuergelder ein als mit Bier – na gut: englischem Bier. Gegen den Konsum
       lässt sich höchstens einwenden, dass der gemeine Gin-Berauschte eine
       spontane Neigung zu schlechten Wortspielen entwickelt und anfängt, vom
       „Gin des Lebens“ zu schwafeln.
       
       Generell sollte man wissen, dass Alkoholkonsum die Wirkung eines Vakzins
       reduzieren kann. Falls Sie sich versehentlich mit AstraZeneca haben impfen
       lassen, dem Impfstoff aber nach wie vor skeptisch gegenüberstehen, lassen
       Sie sich einfach gepflegt volllaufen. Wie schrieb schon der große römische
       Philosoph Seneca um das Jahr 65 nach dem Wasser-in-Wein-Verwandler
       Christus: „Quod licet lovi, non licet bon jovi“ (Was Jon Bon Jovi trinkt,
       haut selbst den härtesten Ochsen um).
       
       Der 12. Mai ist übrigens kein ungeeignetes Datum für diesen Beitrag –
       gleich morgen feiern wir den Welttag des Cocktails. Und wir sagen zum
       Abschied leise: Service.
       
       12 May 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Thomas C. Breuer
       
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