# taz.de -- Neue Datingshow „Princess Charming“: Ignorieren und Überschatten
> Ab Ende Mai wird die erste rein weibliche deutsche Datingshow
> ausgestrahlt. Bisher sind Lesben und bi Frauen im Free-TV kaum sichtbar.
IMG Bild: Die zwanzig Singles der ersten Staffel „Princess Charming“
Falls Sie nach Muttertag und Vatertag den Wunsch haben, Beziehung, Familie
und Kinder hinter sich zu lassen und unter falschem Namen woanders ins
Single-Life einzutauchen: Vollstes Verständnis! Aber vielleicht versuchen
Sie es erst mal mit der Fantasy? Erfolgreich, begehrt, voll versorgt und
ungebunden in einer Villa am Meer chillen, während 20 attraktive Menschen
einen umkreisen? Das verspricht „Princess Charming“, die Frauen-Datingshow
bei TVNOW. Ich kann’s kaum erwarten, und ich steh nicht mal auf Frauen.
20 Kandidatinnen und eine … ähm … begehrte Junggesellin?, Prinzessin?,
Hauptpreisin? haben im April die erste rein weibliche deutsche Datingshow
auf Kreta gedreht. Am 25. Mai geht es los für alle, die sich ein Abo bei
TVNOW leisten möchten. Ansonsten sollen die Folgen mit etwas Verzögerung
auch im Free-TV von VOX zu sehen sein, ganz so [1][wie beim schwulen
Pendant]. Gut so. Denn seien wir ehrlich, Streaming ist das Gegenteil von
Mainstreaming.
Es ist zwar super, dass von Streamingdiensten mehr queere Popkultur
produziert wird als je zuvor – aber solange die Heten nicht im linearen
Programm auf der Suche nach wertvollem Trödel und perfekten Dinners von
flirtenden Lesben überrascht werden, ist es nun mal keine Sichtbarkeit,
egal wie oft wir heimlich [2][„Happiest Season“] abspielen. Für meine
Entwicklung war Butch-Queen Katy Karrenbauer im RTL-„Frauenknast“ in den
2000ern jedenfalls entscheidend.
## Eine skandalöse Plotline
Ansonsten sieht es mit der Sichtbarkeit von Lesben und bi Frauen herzlich
schlecht aus, wie immer. Maren Kroymann tut der Göttin Werk, aber sie kann
nicht überall sein. Und wie viel les-bi-weibliche deutsche Unterhaltung
fällt ihnen sonst so ein, aus den letzten Jahrzehnten? H_ll_ v_n S_nn_n –
ich möchte lösen! Okay, hin und wieder schieben Soaps eine ihrer
Frauenfigürchen mal vorübergehend in eine gleichgeschlechtliche Beziehung,
um eine skandalöse Plotline zu erzeugen.
Korrigieren Sie mich, wenn ich einen ganz offensichtlichen Fall von
Mainstreamsichtbarkeit übersehe. Aber ich gucke beruflich Fernsehen und –
da ist nicht viel. Queeres ohnehin nicht, weiblich Queeres noch weniger.
Das war schon immer ein Problem. Wenn Queerness, dann erst mal Schwulness.
Unterdrückung kommt nicht immer als Gewalt daher, sondern oft als
[3][sanftes Ignorieren und Überschatten]. Ich will nichts entschuldigen,
aber ich verstehe, warum so viele empfänglich sind für eine Rhetorik,
wonach Lesben und trans Leute angeblich miteinander konkurrieren.
Aber zurück nach Kreta. Princess Charming wird sich durch Kandidatinnen
daten und eine zur Gewinnerin küren. Wen interessiert’s? Das Schöne an
queeren Datingshows ist ja: Im Gegensatz zur Hetenvariante gibt es keine
Nachfrage-Angebot-Disbalance – und somit keinen Grund, warum alle 20 der
„Princess“ nachrennen sollten. Sie können ebenso gut miteinander in den
Dünen verschwinden.
14 May 2021
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## AUTOREN
DIR Peter Weissenburger
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