# taz.de -- Österreichs Bundeskanzler in Not: Kurz vor der Anklagebank
> Österreichs Kanzler Sebastian Kurz wird von der Justiz demontiert. Sein
> Image als smarter Jungpolitiker wird nachhaltig Schaden nehmen.
IMG Bild: Er hätte besser den Mund gehalten: Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz
Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), der auch in Deutschland viele
Fans hat, durchlebt eine dunkle Stunde. Alles deutet darauf hin, dass
[1][er demnächst vor dem Richter landet]. Eine Verurteilung ist nicht
ausgeschlossen. Zwar ist eine Haftstrafe unwahrscheinlich, doch auch eine
saftige Geldbuße macht sich nicht gut im Lebenslauf eines
Spitzenpolitikers.
Denn die Justiz demontiert momentan das erfolgreich aufgebaute Image des
smarten Jungpolitikers, der im Wahlkampf „Zeit für Veränderung“ plakatierte
und doch die alten Gewohnheiten des Postenschachers, der Vetternwirtschaft
und der Klientelpflege fortsetzt. Der Unterschied ist einzig, dass jetzt
vor allem Leute aus der Seilschaft des Sebastian Kurz zum Zug kommen:
junge, ideologiebefreite Neokonservative, die nach Karriere, Geld und Macht
streben.
Posten werden nach Loyalität, nicht nach Kompetenz besetzt. Bedient wird,
wer zur „Familie“ gehört, wie aus den von der Justiz durchforsteten
Chatprotokollen hervorgeht. Auch Unternehmer, die sich durch großzügige
Parteispenden ausgezeichnet haben, dürfen mit Wohlwollen rechnen und
Familienmitglieder in gut dotierte Aufsichtsratsposten schicken.
Der Durchmarsch der Kurz-Truppe stieß auf wenig Widerstand. Die mächtigen
Landeshauptleute der ÖVP, die berufsständischen Bünde, die in der Partei
immer das Sagen hatten, übertrugen dem Jungspund, der den Sieg verhieß,
alle Macht. Und das Wahlvolk machte Kurz schon zweimal zum Kanzler. Bisher
haben nicht einmal die Skandale im Umfeld des Strahlemanns dessen gute
Umfragewerte nachhaltig beschädigen können.
Den saloppen Umgang mit Verfassung und Rechtsstaat nehmen die meisten
Wähler achselzuckend hin. Und [2][die mit fetten Inseraten gefütterten
Boulevardmedien] üben sich in Ablenkung. So titelte die Kronen Zeitung am
Tag nach der politischen Bombe: „Unsere Sehnsucht nach einem ganz normalen
Sommer“. Sebastian Kurz wird wohl auch eine Verurteilung politisch
überleben. Aber der Lack des Messias ohne Fehl und Tadel ist ab.
13 May 2021
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DIR Ralf Leonhard
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