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       # taz.de -- Sänger Bill Ramsey ist tot: Jazz in der Bauchtanztruppe
       
       > Der Schlager brachte ihm Ruhm, doch seine Liebe galt schon immer Jazz,
       > Swing und Blues: Eine Würdigung zum Tod des Sängers Bill Ramsey.
       
   IMG Bild: Bill Ramsey im Fernsehen 1962
       
       Für Musik interessierte er sich immer – und wie es sich für viele
       US-Amerikaner seiner Generation gehört, waren seine Vorbilder keine Weißen,
       sondern schwarze Musiker, Heroen wie Nat King Cole, Duke Ellington und
       Count Basie. Bill Ramsey liebte den Jazz inbrünstig, die Kunst der
       Phrasierung, der tonalen Umwidmung melodisch fester Strukturen.
       
       Anfang der Fünfziger Jahre kam er in die Bundesrepublik, hier hatte er
       seinen Wehrdienst zu absolvieren. Trat in Jazzkellern auf, etwa in
       Frankfurt am Main und auf Festivals. Als Angestellter des
       US-Soldatensenders AFN war er durchaus privilegiert.
       
       Jetzt ist der Sänger und Entertainer Bill Ramsey iim Alter von 90 Jahren
       gestorben. Das teilte seine Familie der Deutschen Presse-Agentur mit.
       
       Berühmt wurde er allerdings durch Kracher in einer Sorte Musik, die er
       nicht ganz so sehr liebte: dem Schlager. Aber er brachte ihm nun mal Ruhm
       und viel Geld. In den Sechziger Jahren war Ramsey eine der Leitfiguren
       dieses Genres, das schon aus kommerziellen Gründen, also der Not stets
       Abwechslungsreiches bieten zu müssen, das der größten Diversity war.
       
       [1][„Pigalle“], [2][„Zuckerpuppe (aus der Bauchtanztruppe)“], [3][„Ohne
       Krimi geht die Mimi nie ins Bett“] oder [4][„Souvenirs“] – vier Titel, mit
       denen er sich in die Alltagsgeschichte (verströmt über die Radiowellen ohne
       elitären Anspruch) seines neuen Heimatlandes einschrieb. Und die zu jenen
       Jahren ebenso zählen, weil sie Leichteres transportierten als die Songs der
       erwachenden Jugendkultur mit ihren zornigen, teils aufrührerischen Sounds.
       
       ## Beatklassiker und Operettenlieder
       
       Schlager, so Ramsey, sei eigentlich nur ein Poplied, das einschlage, das
       Menschen mitreiße: In seinem Fall waren das – bei aller Liebe zum
       Langsamen, auch zum Melancholischen – Lieder, die swingig waren, jazzy,
       Schwung hatten, sich nicht ihren oft kuriosen Liedzeilen unterwarfen.
       
       Ramsey war ein Entertainer, der mit Ironie zu singen wusste, ohne einen
       seiner Hits an die Geschmackspolizeien jener Jahre zu verraten. Ramsey war
       der Spaßvogel der Unterhaltungsszene, der Mann, der so etwas wie
       unschuldige Albernheit verkörperte und als Musiker und Sänger in jeder
       Hinsicht von seinen Kolleg*innen ernst genommen wurde.
       
       Ramsey blieb danach, seit den Siebzigern, jedoch dem Jazz treu, seine
       Stimmkunst war seine berufliche Basis. Er bezog sich immer auf die modernen
       Tonspuren des Amerikanischen, sang aber auch Beatklassiker auf Deutsch, hin
       und wieder auch Operettenlieder. Die multikulturelle Schlagerkultur der
       Sechziger war vorbei, Ramseys Zeit als Hitsänger ebenfalls. Dafür sang er
       mit verschiedenen Jazzkolleg*innen, wurde für eine Produktion auch mit dem
       Preis der Deutschen Schallplattenkritik geehrt.
       
       Von 1991 an lebte er in Hamburg, wo er auch als Dozent der Hochschule für
       Musik und Darstellende Kunst arbeitete.
       
       17 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=hR2FnLodERM
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=JP6m8jP1oXo
   DIR [3] https://www.youtube.com/watch?v=JuzIQUrJrJU
   DIR [4] https://www.youtube.com/watch?v=F4FzO-GjMw0
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jan Feddersen
       
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