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       # taz.de -- Baerbock gegen Scholz in Potsdam: Deutschlands spannendster Wahlkreis
       
       > Im Herbst geht es für Annalena Baerbock und Olaf Scholz in Potsdam um
       > viel. Nicht nur ums Direktmandat, womöglich auch ums Kanzleramt.
       
   IMG Bild: Setzt sie sich auch im Kleinen gegen Olaf Scholz durch? Annalena Baerbock tritt in Potsdam an
       
       Berlin taz | Potsdam hat ja eine gewisse Tradition als Residenzstadt. Auch
       heute sind Prominente dort zu Hause. Nun ist Potsdam auch der Ort, an dem
       erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik zwei
       Kanzlerkandidat:innen um ein Direktmandat konkurrieren. Am Montag
       machten die Grünen ihre Entscheidung für Annalena Baerbock öffentlich. Dass
       die SPD mit [1][Bundesfinanzminister Olaf Scholz] versucht, ins Kanzleramt
       einzuziehen, ist schon länger klar, genau wie seine Kandidatur für das
       Direktmandat.
       
       Beide treten in Wahlkreis 61 gegeneinander an, zu dem neben der
       brandenburgischen Landeshauptstadt auch Speckgürtelgemeinden wie
       Kleinmachnow, Teltow und Stahnsdorf gehören. Ein solches direktes Duell der
       Spitzenkräfte zweier Parteien hat es in 19 Bundestagswahlkämpfen nicht
       gegeben.
       
       Üblicherweise lassen die Parteien ihr Spitzenpersonal in Wahlkreisen
       antreten, die eine sichere Bank sind. Das ist möglich, weil die Kandidaten
       zu Bundestagswahlen nicht im Wahlkreis wohnen müssen. So hat beispielsweise
       Angela Merkel sieben Mal in Folge den Wahlkreis Vorpommern-Rügen-Greifswald
       gewonnen.
       
       Baerbock und Scholz leben hingegen tatsächlich in ihrem Wahlkreis. Die
       Grüne Spitzenfrau wohnt schon seit vielen Jahren mit Mann und zwei Töchtern
       in der Nauener Vorstadt, einem der nobleren Stadtteile. Baerbock ist auch
       in der Stadt durchaus aktiv. So war sie an der Gründung eines
       Flüchtlingshilfevereins beteiligt und mischt bei lokalen
       Mitgliederversammlungen mit. Ein Mandat in der Stadtpolitik hat sie nicht.
       
       ## Sicher ist der Sieg für keinen
       
       Auf der anderen Seite des Heiligen Sees in der nicht minder noblen Berliner
       Vorstadt ist Olaf Scholz seit drei Jahren zu Hause. Er war seinerzeit
       umgezogen, weil seine Frau Britta Ernst (SPD) das Bildungsministerium in
       Brandenburg übernahm. In der Zuzugsstadt Potsdam ist Scholz allerdings auch
       kein Exot. Für Aufsehen in der Stadt sorgte, dass trotz des
       Personenschutzes für das Politikerpaar schon zweimal in das
       Mehrfamilienhaus eingebrochen wurde.
       
       Eine sichere Bank ist Potsdam allerdings weder für Baerbock noch für
       Scholz. Der Wahlkampf dürfte also spannend werden. Vor vier Jahren sicherte
       sich Manja Schüle für die SPD das einzige Direktmandat in Ostdeutschland.
       Sie tritt allerdings nicht mehr an, weil sie inzwischen Brandenburgs
       Wissenschaftsministerin ist. Das ebnete den Weg für die Direktkandidatur
       von Olaf Scholz. Im Jahr 2013 gewann die CDU mit Katherina Reiche den
       Wahlkreis.
       
       Aktuelle Umfragen gibt es für die lokale Ebene noch nicht. Allerdings
       deutet die Prognose der Wahlplattform election.de derzeit darauf hin, dass
       Annalena Baerbock und Olaf Scholz das Rennen in Potsdam wohl unter sich
       ausmachen werden. Dort wird der Wahlkreis aktuell mit einer
       Wahrscheinlichkeit von 47 Prozent an Scholz gegeben. Baerbock lag bei 43
       Prozent Wahrscheinlichkeit. Allerdings war das vor [2][ihrer Ernennung als
       Kanzlerkandidatin].
       
       Auch die jüngsten Wahlergebnisse deuten auf ein enges Rennen hin. Bei der
       Landtagswahl im September 2019 gingen bei hoher Wahlbeteiligung zwei
       Direktmandate in der Stadt an die SPD, eins an die Grünen. Bei den
       Zweitstimmen lagen auch die Sozialdemokraten mit 26 Prozent vor den Grünen
       mit 22,2 Prozent. Bei der Kommunalwahl trennte die beiden Parteien nur ein
       halbes Prozent zugunsten der SPD. Bei der gleichzeitig stattfindenden
       Europawahl räumten hingegen die Grünen in Potsdam ab und bekamen mit 23,2
       Prozent mit Abstand das beste Ergebnis.
       
       ## Es geht vorallem um Prestige
       
       Die CDU fällt diesmal wahrscheinlich weitgehend aus: Dass ihre Hochburg
       Werder (Havel) nicht mehr zum Wahlkreis gehört, dürfte ihre Chancen
       mindern. Zwar tritt mit Saskia Ludwig erneut eine bekannte Figur der
       Brandenburger CDU an, schließlich war sie mal Landes- und Fraktionschefin
       der Partei. Allerdings ging ihrer Kandidatur eine Kampfabstimmung voraus,
       seit der sich die Partei in Potsdam vor allem mit sich selbst beschäftigt –
       inklusive Rücktritten und Klagen.
       
       Auch die FDP wartet in Potsdam mit prominentem Personal auf. Um das
       Direktmandat bewirbt sich Linda Teuteberg. Die aktuelle Landesvorsitzende
       und frühere Generalsekretärin auf Bundesebene lebt ebenfalls in der Stadt.
       Die Linke schickt erneut den Bundestagsabgeordneten Norbert Müller ins
       Rennen.
       
       In der Berliner Vorstadt ist auch Alexander Gauland zu Hause. Überregionale
       Aufmerksamkeit für seine Wohnlage gab es, als ihm 2018 seine Badesachen
       gestohlen wurden. Um das Direktmandat bemüht sich der Fraktionsvorsitzende
       der AfD-Bundestagsfraktion allerdings erneut nicht. Stattdessen tritt der
       Drehbuchautor Tim Krause an, der derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter des
       Bundestagsabgeordneten und früheren Potsdamer AfD-Vorsitzenden René
       Springer ist.
       
       Eine Niederlage im Kampf um das Direktmandat dürfte aber weder Baerbock
       noch Scholz um den Einzug in den Bundestag bringen. Beide sind über die
       Landeslisten ihrer Parteien abgesichert. Baerbock wurde erst am Wochenende
       offiziell dazu nominiert. Scholz ist vom Landesvorstand vorgeschlagen.
       Offiziell entscheidet eine Mitgliederversammlung Anfang Mai. Es geht also
       auch ums Prestige: Möglicherweise sitzen sich Gewinnerin und Verliererin ja
       in Koalitionsverhandlungen gegenüber.
       
       22 Apr 2021
       
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