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       # taz.de -- Ideologiekritik als Farce: Staatsversagen zur Primetime
       
       > Der NDR dreht einen Tatort in einem linken Wohnprojekt in Hamburg und
       > zahlt dafür Miete. „Von unseren Gebühren“, schreibt die Bild, und los
       > geht's…
       
   IMG Bild: Is' klar, wer hier die Zeche zahlt: Sie! Mit Ihren Rundfunkgebühren
       
       Besonders schwer ist es nun nicht, den rechten Vulgär- und
       Pseudoliberalismus auf die Palme zu bringen. Weitere Aufmerksamkeit wert
       sind solche Erregungen darum auch nur ausgesprochen selten – aber manchmal
       sind sie dafür immerhin lustig. Gerade hat etwa die Bild so was wie die
       Musterlösung folgender Aufgabe vorgelegt: „Bringen Sie maximal viele
       Kleinbürger möglichst hart zum Ausrasten.“
       
       Die Geschichte geht so: [1][Ein Hamburger „Tatort“] wird von wegen
       Authentizität in einem linken Wohnprojekt gedreht und die Produktionsfirma
       zahlt dafür Miete. „3.000 Euro für linke Extremisten“ titelt daraufhin die
       Bild und legt noch nach: „Von unseren Gebühren“.
       
       Es ist ein bisschen eklig, lohnt aber, dieser Ressentimentjonglage einen
       Moment zu folgen. Als Fürsprecher des verkürzten, aber „gesunden
       Menschenverstandes“ drängte Wolfgang K. (Name der Redaktion bekannt) aus
       Schleswig-Holstein in die Zeitung.
       
       „Dass die ‚Tatort‘-Crew einen authentischen Drehort aussucht, halte ich
       nicht für einen Skandal“, räumt dieser stellvertretende Bundesvorsitzende
       einer liberalen Kleinpartei mit F ein: „Bemerkenswert ist aber, dass die
       angeblich antikapitalistische Linke Geld vom Klassenfeind für eine
       Gegenleistung annimmt.“ Das ist richtig, Wolle, touché!
       
       Und wissen Sie was? [2][Das GoMokry* gehört] auch noch dem
       Mietshäusersyndikat, wo man schamlos Direktkredite als Eigenkapitalersatz
       einwirbt, Vereine gründet und sogar Wohnraum vermietet! An sich selbst!
       
       Flankiert wird K.s ideologiekritischer Aufschlag von der eher
       literaturwissenschaftlich angefütterten Medienanalyse des Vorsitzenden der
       Hamburger Gewerkschaft der Polizei: „Es ist skurril“, sagt Horst Niens zur
       Bild, „dass die Erlöse aus einer polizeilichen Serie als Honorare für
       Anwälte genutzt werden, um sich gegen die Polizei zu vertreten. Das finde
       ich schon ziemlich heftig.“ Heftig, in der Tat, und fast schon dialektisch,
       dieser Parforceritt durch Rechtsstaat, Staats-TV und TV-Kritik.
       
       15 May 2021
       
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   DIR Jan-Paul Koopmann
       
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