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       # taz.de -- Rücktrittsforderung an DOSB-Chef Hörmann: Demokratischer Frühling
       
       > Nach dem DFB muss sich der Deutsche Olympische Sportbund mit der
       > Führungsfrage beschäftigen. Die alten Herrschaftsmodelle funktionieren
       > nicht mehr.
       
   IMG Bild: Kann Probleme nicht mehr weglächeln: DOSB-Chef Hörmann bei der Vorstellung der Olympiakleidung
       
       Ein Hauch von demokratischem Frühling weht durch die deutsche
       Sportlandschaft. Man mag es für Zufall halten, dass sich [1][nach dem Beben
       beim Deutschen Fußball-Bund] wenige Tage später jetzt wohl beim Deutschen
       Olympischen Sportbund die Führungsfrage stellt. Aber man wird gewiss bei
       der Dachorganisation des deutschen Sports mitbekommen haben, wie die
       Mitarbeiter des größten deutschen Sportfachverbands nicht nur unter den
       Hahnenkämpfen ihres Führungspersonals leiden, sondern auch ihre Stimme
       erhoben haben.
       
       Der DFB-Betriebsrat forderte angesichts des desaströsen Eindrucks, den die
       leitenden Funktionäre zu verantworten hätten, einen Neuanfang, der
       strukturelle und personelle Veränderungen einschließt. Dann hantierte man
       im DFB sogar mit bislang eher unbekannten Demokratiewerkzeugen herum: in
       einer geheimen Abstimmung wurden Vertrauensfragen gestellt, die im Grunde
       die komplette Führungsriege schlecht aussehen ließ.
       
       Man muss sich nicht alles gefallen lassen, auch wenn im organisierten Sport
       an Herrschaftsstrukturen festgehalten wird, die man in demokratischen
       Staaten vermeintlich längst überwunden glaubt. Mit mehr als 7 Millionen
       Mitgliedern der angeschlossenen Vereine ist der DFB der größte
       Sportfachverband der Welt, den eine Handvoll Funktionäre zum Objekt ihrer
       persönlichen eitelkeitsgetriebenen Agenda gemacht haben wie man es sonst in
       schlecht geführten Hasenzüchtervereinen erlebt.
       
       [2][Und nun soll Hörmann] in den letzten Jahren im Dachverband von 27
       Millionen Mitgliedern ein Klima der Angst etabliert haben. Manche hätten
       ihren Job gekündigt oder sich pychotherapeutischer Behandlung unterzogen.
       Dass der Vorwurf eines Angstregimes anonym in einer Mail verbreitet wurde,
       macht ihn per se nicht unglaubwürdiger. Zudem man sich unwillkürlich an die
       DOSB-Präsidentenwahl 2018 erinnert fühlt, als Martin Engelhardt, der
       Präsident der Deutschen Triathlon-Union, spontan als Gegenkandidat zu
       Hörmann auftrat und in seiner Rede für einen anderen Führungsstil des
       respektvollen Umgangs miteinander warb. Aus Sorge vor Angriffen, erklärte
       er später, hätte er keinen offenen Wahlkampf geführt. Zumal Präsidenten von
       Fachverbänden ihm ihre Unterstützung aus Angst vor Repressionen versagt
       hätten.
       
       ## Notwendige Vertrauensfrage
       
       Natürlich müssen die Vorwürfe, die laut Mailverfasser von mehr als einem
       Drittel der Mitarbeiter:innen getragen würden, nun überprüft werden.
       Dass aber Hörmann am Donnerstagabend versicherte, zahlreiche Führungskräfte
       und Mitarbeiter hätten sich in den letzten Stunden vom Stil und den
       Inhalten der anonymen Mail distanziert, taugt sicherlich nicht als
       Gegenbeweis. Mehr helfen würde es, wenn sich Alfons Hörmann einer
       Vertrauensfrage stellt, in der alle anonym und ohne Angst vor Konsequenzen
       abstimmen dürfen.
       
       Während die Jugendorganisation des DOSB Demokratietrainings und -schulungen
       für seine jungen Sportler:innen anbietet, scheint Hörmann sich eher in
       Handbücher über Herrschaftstechniken von Ein-Mann-Diktaturen vertieft zu
       haben.
       
       Doch die Spitzenfunktionäre müssen sich vorsehen. Wer Demokratie,
       Gleichberechtigungs und Diversitätsprogramme aufsetzt, gern von den hehren
       Werten des Sports erzählt, kann nicht wie in den letzten Jahrzehnten
       einfach weiter durchregieren. In Deutschland sind gerade die
       Sportler:innen dabei, sich mit der unabhängigen Organisation Athleten
       Deutschland e.V. zu emanzipieren und etwa selbst für ihren Schutz gegen
       Gewalt in den verkrusteten Strukturen zu kämpfen. Sie wollen mitbestimmen,
       wie der Leistungssport der Zukunft aussehen soll. Ein Hauch von
       demokratischem Frühling weht durch die deutsche Sportlandschaft.
       
       7 May 2021
       
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