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       # taz.de -- Raketenangriff auf Medienhaus: Weniger wissen aus Gaza
       
       > Israelische Raketen haben das von Medien genutzte Jalaa-Hochhaus
       > zerstört. Dort sei ein Geheimdienstbüro der Hamas untergebracht gewesen.
       
   IMG Bild: 15. Mai: Palästinensische Journalisten in den Trümmern des Jalaa-Hochauses
       
       taz | Kairo Es war so etwas wie eine der Schaltzentralen, von der aus
       Nachrichten und Bilder aus dem Gazastreifen in die Welt geschickten wurden
       – das Jalaa-Hochhaus im Zentrum Gazas. Am Wochenende konnte die Welt auf
       zahlreichen Handyvideos zusehen, wie das Gebäude nach einem israelischen
       Raketenangriff wie ein Kartenhaus in sich zusammenstürzte.
       
       Wer als Fernsehjournalist in den letzten Jahren einen Einsatz im
       Gazastreifen hatte, der landete früher oder später in dem 13-stöckigen
       Gebäude. Es beherbergte nicht nur die Büros des arabischen Fernsehsenders
       Al Jazeera, sondern auch die der Associated Press. Die AP ist allseits
       bekannt als weltweit größte Nachrichtenagentur.
       
       Weniger bekannt ist, dass AP auch als ein sogenannter Provider für
       Fernsehjournalisten fungiert. Kaum ein internationalen Sender unterhält
       permanente Büros im Gazastreifen. Wenn sie ihre Korrespondenten oder
       Reporter schicken, dann arbeiteten viele von ihnen aus den Räumlichkeiten
       der AP. Eine große Zahl der Fernseh-Live-Schaltungen aus Gaza fand auch auf
       dem Dach des Jalaa-Gebäudes statt. Und wenn, wie in den letzten Tagen, kein
       Journalist von außen in den Gazastreifen hineinkommt, dann waren es die
       lokalen palästinensischen Reporter, die internationale Fernsehstationen von
       dort mit Nachrichten und Bildern versorgten.
       
       All das war der israelischen Armee wohlbekannt, als sie am Wochenende
       telefonisch warnte, dass die Journalisten innerhalb einer Stunde das
       Gebäude verlassen sollten, bevor es bombardiert werde. Genug Zeit, um sich
       selbst in Sicherheit zu bringen, aber zu wenig, um das gesamte Equipment
       aus dem Haus zu schaffen.
       
       ## Kritik von „Reporter ohne Grenzen“
       
       Die Führungsetage von AP in New York [1][nahm später kein Blatt vor den
       Mund.] Die Welt werde nun „weniger davon wissen, was in Gaza passiert“,
       erklärte AP-Chef Gary Pruitt. Auch die Rechtfertigung der israelischen
       Armee, dass es in dem Gebäude eine nicht näher definierte
       Hamas-Geheimdienst-Präsenz gegeben habe, ließ er nicht unwidersprochen.
       
       „Wir haben die israelische Seite aufgerufen, dafür Beweise vorzulegen. AP
       nutzt das Gebäude seit 15 Jahren. Wir haben keinen Hinweis darauf, dass die
       Hamas im Gebäude war oder dort aktiv war. Das ist etwas, das wir immer
       aktiv nach all unseren Möglichkeiten überprüfen. Wir würden unsere
       Journalisten niemals wissentlich diesem Risiko aussetzten“, heißt es in der
       AP-Erklärung. Al Jazeera teilte indes mit, man halte den Angriff für eine
       „Aktion, mit der die Wahrheit zum Verstummen gebracht werden soll, indem
       man ihren Überbringer tötet“.
       
       Unterdessen hat die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ die Chefanklägerin
       des Internationalen Gerichtshofs, Fatou Bensouda, dazu aufgerufen, sich mit
       den israelischen Angriffen auf Medien im Gazastreifen zu beschäftigen.
       Diese stellten ein Kriegsverbrechen dar, erklärte der Generalsekretär der
       Organisation, Christophe Deloire. Dadurch werde nicht nur inakzeptabler
       materieller Schaden angerichtet, sondern auch die Berichterstattung über
       den Konflikt erschwert, von dem auch die zivile Bevölkerung direkt
       betroffen sei.
       
       ## Interner Kommunikationsfehler
       
       In einer andere Episode soll die israelische Armee die Medien für ein
       Täuschungsmanöver ausgenutzt haben, berichteten israelische Medien. Der
       Armeesprecher Jonathan Conricus hatte in der Nacht von Donnerstag auf
       Freitag erklärt, dass Gaza von israelischen Bodentruppen attackiert werde.
       Internationale Medien wie die Washington Post nahmen diese Berichte auf,
       die sich später als falsch herausstellten.
       
       Damit sollte die Hamas angeblich dazu gebracht worden sein, sich in ihren
       Tunnelsystemen zu verschanzen, die dann intensiv von der israelischen
       Luftwaffe bombardiert wurden. Die Armee stritt später ab, dass es sich
       dabei um eine gezielte Falschinformation handelte und sprach von einen
       internen Kommunikationsfehler. Fraglich ist auch, ob die Hamas sich
       tatsächlich in ihren operativen Entscheidungen auf Medienberichte verlassen
       würde, ohne eigene Aufklärungsinformationen über die Bewegungen der
       israelischen Armee zu haben.
       
       17 May 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://apnews.com/article/israel-middle-east-business-israel-palestinian-conflict-f595d0ea0a7e21a4e4974ae55e00024d
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Karim El-Gawhary
       
       ## TAGS
       
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