# taz.de -- Projektionsfläche Nahost-Konflikt: Mehr als nur entweder oder
> Der Nahost-Konflikt polarisiert auch hierzulande. Nicht selten wird
> Antisemitismus gegen Rassismus ausgespielt. Dabei wäre Differenzierung
> nötig.
IMG Bild: Einschussloch einer Rakte in einer Hauswand, die vom Gazastreifen aus auf Israel abgefeuert wurde
Seit zwei Wochen häufen sich in meinem Postfach Aufforderungen, „endlich
was zu Palästina“ zu sagen, als sei ich Außenminister_in. Was soll ein
Halbwissen-Statement oder das hektische Teilen von Infografiken bringen –
außer dem Befeuern [1][der derzeitigen Fußballstadiondynamik]?
Lieber sage ich nichts, als unwissentlich Propaganda in Umlauf zu bringen.
Mein Sharepic wird nicht ausschlaggebend für das Überleben von
Zivilist_innen in Israel und Palästina sein. Für Jüdinnen_Juden und
Muslim_innen in Deutschland hingegen schon. Der Konflikt wird als
Projektionsfläche für Antisemitismus und Rassismus missbraucht, wie Anetta
Kahane (FR) und Meron Mendel (FAZ) in ihren Kolumnen schildern.
Neben [2][antisemitischen Parolen auf Demos], die teils vor Synagogen (!)
stattfinden, werden Jüdinnen_Juden derzeit on- und offline mit
Hassbotschaften und Bedrohungen überhäuft – egal, ob sie einen Israelbezug
haben oder sie sich überhaupt zum Konflikt geäußert haben. Doch nichts auf
der Welt rechtfertigt die Gewalt, die Jüdinnen_Juden derzeit aushalten
müssen. Um dies zu kritisieren, muss maus kein_e Nahost-Expert_in sein.
Gleichzeitig sind Bilder von Migrant_innen, die antisemitische Parolen
skandieren, ein gefundenes Fressen für rassistische Kampagnen. Der
Antisemitismusbeauftragte Felix Klein müsste es seines Jobs wegen besser
wissen, wenn er Antisemitismus als Importprodukt bezeichnet. Doch es ist
mit ihm wie mit vielen anderen Almans: Wenn nicht ein kleiner
Freifahrtsschein für rassistische Forderungen dabei rausspringt, lohnt sich
das Engagement gegen Antisemitismus nicht.
So veröffentliche die Instagram-Page @ideologiekritischeaktion ein Foto von
einer migrantischen antiisraelischen Demo mit dem Slogan „Antifa heißt
Abschiebung“. Auch Die Linke aus dem [3][Kreisverband Osnabrück postet ganz
locker]: „Wir haben Antisemitismus importiert“.
## Kaum differenzierte Kritik
Sich über Hans-Georg Maaßen, Sahra Wagenknecht und irgendwelche
Rechtsantideutschen aufzuregen, ist easy. Schmerzvoller ist, dass bei
diesem Teile-und-herrsche-Spiel auch Organisationen und Personen mitmachen,
die sich sonst als antifaschistisch und/oder antirassistisch positionieren.
Sie reproduzieren eine gefährliche Dichotomie: Entweder, du verharmlost
Islamismus, die Shoah und forderst die Auslöschung Israels, oder du freust
dich über Gewalt an Palästinenser_innen. Differenzierte Kritik findet sich
selten.
Dieses Gegeneinanderausspielen stärkt lokal wie global in erster Linie
Rechte – egal, ob maus sich noch schnell in der Instagram-Story von den
Grauen Wölfen distanziert oder auf dem Weg zur antiisraelischen Demo
schreibt, dass Antisemitismus nicht okay ist.
Antifa heißt, konsequent jeden Antisemitismus und Rassismus bekämpfen und
sich auch dann voreinander stellen, wenn es bedeutet, der eigenen Community
zu widersprechen.
20 May 2021
## LINKS
DIR [1] /Soziale-Medien-im-Nahostkonflikt/!5767731
DIR [2] /Pro-Palaestinensische-Demos-in-Berlin/!5772602
DIR [3] /Facebookpost-von-Kreisverband/!5773447
## AUTOREN
DIR Hengameh Yaghoobifarah
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