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       # taz.de -- Nach Giffeys Rücktritt als Ministerin: Ein Neustart
       
       > Wenige Monate vor der Bundestagswahl gibt Franziska Giffey ihren
       > Ministerposten auf. Ihre politische Karriere will sie nicht beenden.
       
   IMG Bild: Wahrscheinlich wird Giffey ihren Doktortitel verlieren: Die Konsequenzen hat sie schon gezogen
       
       Berlin taz | Die Abschiedsworte der Kabinettschefin für ihre bisherige
       Ministerin fielen äußerst herzlich aus. Die Rücktrittsentscheidung
       Franziska Giffeys nehme sie „mit großem Respekt“, aber auch „mit ebenso
       großem Bedauern entgegen“, sagte Angela Merkel am Mittwoch in ihrer Rede
       auf dem digitalen Forschungsgipfel 2021. „Von Herzen“ danke sie der
       Sozialdemokratin, die sich „mit Leidenschaft und Geschick“ für ihre Themen
       eingesetzt und mit der sie „sehr gut und vertrauensvoll“ zusammengearbeitet
       habe. Schließlich wünschte sie ihr noch „für die kommende Zeit alles Gute“.
       
       Nach nur drei Jahren im Amt hatte Giffey auf der Kabinettssitzung am
       Mittwochmorgen Merkel [1][um die Entlassung als Bundesministerin für
       Familie, Senioren, Frauen und Jugend gebeten.] In einer im Anschluss
       verschickten persönlichen Erklärung begründete die 43-jährige
       SPD-Politikerin ihren Wunsch mit der wiederaufgeflammten Diskussion über
       ihre Dissertation aus dem Jahr 2010.
       
       Auch wenn das laufende Prüfverfahren der Freien Universität Berlin noch
       nicht abgeschlossen sei, hätten die Mitglieder der Bundesregierung, ihre
       Partei und die Öffentlichkeit „schon jetzt Anspruch auf Klarheit und
       Verbindlichkeit“. Daher habe sie sich entschieden, bereits heute „die
       Konsequenzen aus dem andauernden und belastenden Verfahren“ zu ziehen.
       
       Seit Anfang 2019 sieht sich Giffey Plagiatsvorwürfen ausgesetzt. In ihrer
       Doktorarbeit zum Thema „Europas Weg zum Bürger – Die Politik der
       Europäischen Kommission zur Beteiligung der Zivilgesellschaft“ soll sie an
       zahlreichen Stellen gegen wissenschaftliche Standards verstoßen haben.
       Schon bei der Urwahl der SPD-Bundesspitze war sie wegen der Debatte um ihre
       Dissertation nicht angetreten. Falls ihr der Doktortitel aberkannt werden
       sollte, werde sie zurücktreten, hatte sie damals angekündigt. Allerdings
       kam das Präsidium der FU Berlin in einem ersten Prüfverfahren 2019 zu dem
       Schluss, dass ihre Arbeit zwar „Mängel“ enthalte, verzichtete jedoch
       überraschend auf die Aberkennung des Doktortitels, sondern beließ es bei
       einer Rüge.
       
       ## Schwarze Wolken über Giffey
       
       Doch anders als von ihr erhofft war Giffey damit nicht aus dem Schneider.
       Denn nach heftiger Kritik [2][leitete die FU ein erneutes Verfahren ein.]
       Dieses steht unmittelbar vor dem Abschluss: Anfang Mai legte eine neu
       eingesetzte Prüfkommission dem FU-Präsidium ihren Abschlussbericht vor –
       und der fällt nach Informationen des Wirtschaftsmagazins Business Insider
       nicht gut für Giffey aus.
       
       Bis Anfang Juni kann sie zwar noch eine Stellungnahme dazu abgeben. Aber
       auch wenn sie weiterhin betont, sie habe ihre Arbeit „nach bestem Wissen
       und Gewissen geschrieben“, dürfte das nichts mehr daran ändern, dass sie
       ihren Doktortitel verlieren wird.
       
       Nun hat sich Giffey für das Prinzip Vorwärtsverteidigung entschieden. Denn
       während in vergleichbaren Fällen, wie denen des CSUlers Karl-Theodor zu
       Guttenberg, der CDUlerin Annette Schavan oder der FDPlerin Silvana
       Koch-Mehrin, in denen Politiker:innen über Plagiate in ihren
       Dissertationen gestolpert sind, der Rücktritt auch das Ende der politischen
       Karriere bedeutete, will Giffey weiter durchstarten. [3][An ihrer
       Spitzenkandidatur für die SPD bei den Berliner Abgeordnetenhauswahlen halte
       sie fest,] teilte Giffey in ihrer persönlichen Erklärung mit. Ob ihr Kalkül
       aufgeht, werden die Berliner Wähler:innen am 26. September entscheiden –
       parallel zur Bundestagswahl.
       
       Wer bis zum Ende der Legislaturperiode das Familienministerium führen wird,
       steht noch nicht endgültig fest. Es gebe noch keine Entscheidung darüber,
       sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz in der
       Bundespressekonferenz. Als wahrscheinlich gilt, dass die
       sozialdemokratische Bundesjustizministerin Christine Lambrecht das Ressort
       kommissarisch mit übernehmen wird.
       
       19 May 2021
       
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