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       # taz.de -- Änderung des Infektionsschutzgesetzes: Protest gegen Bundesnotbremse
       
       > In Berlin demonstrieren Tausende gegen das Bundesgesetz für die
       > Corona-Notbremse. „Freie Linke“ und AfDler reichen sich das Mikro weiter.
       
   IMG Bild: Protest-Performer „Captain Future“ am Mittwoch in Aktion
       
       Berlin taz | Man möge sich „mindestens für eine Stunde an die Regeln
       halten“, also Masken tragen und Abstand halten, „damit die restlichen Leute
       hier her kommen können.“ So lautete der Tipp von Heinrich Fiechtner, einem
       ehemaligen Abgeordneten der AfD Baden-Württemberg. Die
       verschwörungsideologischen Proteste gegen das [1][Bundesgesetz für eine
       Corona-Notbremse] am Mittwochmorgen in Berlin haben gerade begonnen. Das
       Gesetz sieht bundesweite Maßnahmen ab einer festgelegten Inzidenz von
       Corona-Infektionen vor – die Maßnahmen liegen dann nicht mehr in der Hand
       der Bundesländer.
       
       Gegen 10.30 Uhr, eine halbe Stunde danach, droht die Polizei den
       Demonstrant*innen „aufgrund Ihres Fehlverhaltens“ bereits mit der
       Auflösung. Mehr als 2.000 Beamt*innen sind im Einsatz, viele streifen
       durch die Menge und sprechen Menschen ohne Maske an, einige werden
       abgeführt. Gleichzeitig erweitert sich die Versammlungsfläche sukzessive
       vom Brandenburger Tor bis zur Siegessäule, um Mindestabstände zu
       ermöglichen. Laut der Polizei haben sich 8.000 Menschen den Protesten
       angeschlossen.
       
       Während von zwei Bühnen selbst ernannte „Freie Linke“, ein Zusammenschluss
       linker Corona-Demonstrant*innen, das Mikrofon an AfDler weiterreichen,
       brechen andere Teilnehmer*innen aus der abgegitterten
       Versammlungsfläche aus. Der Berliner Protest-Performer Captain Future führt
       am Vormittag eine größere Gruppe an, um durch den Tiergarten Richtung
       Reichstag vorzustoßen, scheitert aber an der Polizei. Kurz darauf bewegen
       sich etwa 600 Menschen mit einem Spontanaufzug durchs Botschaftsviertel im
       Tiergarten.
       
       Die ganz große Dynamik, um das Gesetz im Bundestag zu stoppen, ihn also zu
       stürmen, bleibt dennoch aus. Viele Teilnehmer*innen tanzen zu
       christlicher Popmusik oder Helene Fischer und suchen keine Konfrontation.
       Für einige Führungspersonen der Szene, wie den Anwalt Markus Haintz, führt
       der Weg dennoch in den Bundestag – als Gast des AfD-Abgeordneten Hansjörg
       Müller.
       
       Gegen 12.30 Uhr kündigt die Polizei an, die Demonstration wegen Verstößen
       gegen die Schutzmaßnahmen aufzulösen. Wasserwerfer stehen schon bereit.
       
       Nach der offiziellen Auflösung zieht ein großer Teil der Demonstrierenden
       zum Brandenburger Tor. In den ersten Reihen sammeln sich viele erkennbare
       Rechtsextremisten. Als die Polizei einzelne herauszieht, kommt es immer
       wieder zur Eskalation. Flaschen fliegen, Polizisten werden zu Boden
       gebracht und müssen sich teilweise zurückziehen. Es kommt zum Einsatz von
       Pfefferspray. Die Menschen singen die deutsche Nationalhymne.
       
       ## Eine „dynamische Situation“ wird vorbereitet
       
       In der Mobilisierung hervorgetan hatte sich insbesondere die
       [2][Kommunikationsstelle Demokratischer Widerstand um Anselm Lenz], die vor
       mehr als einem Jahr mit den sogenannten „Hygienedemos“ die Coronaproteste
       begonnen hatte. Schon vergangenen Dienstag, als die [3][Bundesregierung den
       Gesetzentwurf für eine Bundes-Notbremse beschlossen hatte], organisierte
       die Gruppe spontane Proteste mit wenigen Hundert Teilnehmer*innen.
       
       Seitdem trommelte das gesamte Spektrum der Coronaleugner*innen, um die
       Verabschiedung des veränderten Infektionsschutzgesetzes, das, wie schon bei
       den [4][Protesten im November, nur als „Ermächtigungsgesetz“] bezeichnet
       wird, zu verhindern. Anders als damals bekannte sich diesmal auch
       Ober-Querdenker Michael Ballweg, ebenso wie Verschwörungserzähler Ken
       Jebsen oder das rechtsextreme Compact-Magazin um Jürgen Elsässer.
       
       Mit Forderungen nach Inhaftierung des „Merkel-Regimes“, auch mittels in
       mehreren Städten verbreiteten [5][Fahndungsplakaten], wurde eine
       gewaltvolle Atmosphäre regelrecht heraufbeschworen. In einem Newsletter der
       Kommunikationsstelle wurden die Demonstrant*innen auf eine „dynamische
       Situation“ vorbereitet. In vielen Querdenker-Gruppen auf Telegram waren die
       Gewaltaufrufe deutlich expliziter. Auch rechtsextreme Gruppen, wie die neue
       Partei „Freie Sachsen“, hatten nach Berlin mobilisiert.
       
       21 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
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   DIR [5] https://twitter.com/retep_kire/status/1384448477430702080/photo/1
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Erik Peter
       
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