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       # taz.de -- EU-Pläne für Künstliche Intelligenz: KI soll nicht ausspähen
       
       > Menschliches Verhalten soll unangetastet bleiben, Massenüberwachung
       > ausgeschlossen sein: Die Kommission hat ihren Gesetzesvorschlag zur KI
       > vorgelegt.
       
   IMG Bild: Mensch und Maschine: Automatisierte Passkontrolle am Züricher Flughafen
       
       Brüssel taz | Eine computergesteuerte Massenüberwachung wie in China soll
       es in Europa nicht geben. Gegen Chatbots und autonome Fahrzeuge wie in den
       USA hat Brüssel aber nichts einzuwenden. Im Gegenteil: [1][Die EU will die
       Förderung der so genannten künstlichen Intelligenz (KI) ausweiten und alles
       tun, um die Akzeptanz dieser umstrittenen Technologie zu stärken.]
       
       Dies erklärte die für Digitales zuständige EU-Kommissarin Margrethe
       Vestager am Mittwoch in Brüssel. Die EU wolle Innovation nicht im Wege
       stehen, man müsse aber eingreifen, wenn [2][„Sicherheit und Grundrechte der
       Bürger auf dem Spiel stehen“]. Gefahr bestehe vor allem bei
       Massenüberwachung und Verhaltenssteuerung.
       
       Die EU-Kommission will deshalb einige besonders umstrittene Anwendungen
       verbieten. Dazu zählen KI-Systeme, die menschliches Verhalten manipulieren,
       sowie Programme, die eine Bewertung sozialen Verhaltens („Social Scoring“)
       ermöglichen.
       
       Biometrische Videoüberwachung an öffentlichen Orten soll grundsätzlich
       verboten werden, heißt es in der Vorlage, die noch vom Europaparlament und
       den 27 EU-Staaten diskutiert und gebilligt werden muss. Allerdings soll
       automatische Gesichtserkennung in „wenigen, eng definierten Ausnahmefällen“
       erlaubt bleiben.
       
       ## Mehr Transparenz bei Chatbots
       
       Bei anderen Systemen mit „niedrigem“ Risiko wie Chatbots will Brüssel für
       mehr Transparenz sorgen. Den Nutzern sollte bewusst sein, dass sie es mit
       einer Maschine zu tun haben, heißt es in der EU-Kommission. Keine Probleme
       sieht die Behörde dagegen bei KI-gestützten Videospielen oder Spamfiltern
       für E-Mails.
       
       Die Details sollen im weltweit ersten Rechtsrahmen für KI festgelegt
       werden. Die EU-Kommission hofft, damit ebenso Pionierarbeit zu leisten wie
       bei der Datenschutzgrundverordnung von 2018. Sie entwickelte sich in kurzer
       Zeit zu einem globalen Standard, an dem sich sogar Datenkraken wie Facebook
       oder Google ausrichten.
       
       Allerdings sind die neuen Vorgaben aus Brüssel in sich widersprüchlich. So
       bleiben militärische Anwendungen der KI bei der Regulierung außen vor; für
       sie soll der neue Rechtsrahmen nicht gelten. Dies ist problematisch, da die
       KI-Technologie vom US-Militär entwickelt wurde – und da auch die neue
       EU-Verteidigungsunion auf „intelligente“ Kampfsysteme setzt.
       
       ## KI als potenzieller Jobkiller
       
       Die EU-Kommission hat auch keine Sozialfolgenabschätzung vorgenommen. Dabei
       gilt die KI als potenzieller Jobkiller; auch dieser Artikel könnte eines
       nicht allzu fernen Tages von einer Maschine geschrieben und redigiert
       werden. Bei der neuen Verordnung gehe es nicht um die sozialen und
       wirtschaftlichen Folgen, monierte ein namenlos bleiben wollender Experte
       auf Nachfrage.
       
       Gleichzeitig will die EU-Kommission den Einsatz der KI massiv fördern –
       auch in der Wirtschaft. Es gehe um die Wettbewerbsfähigkeit, aber auch um
       den Aufschwung nach der Coronakrise, heißt es in Brüssel. Sogar der
       European Green Deal soll mithilfe von automatischer Sprachverarbeitung und
       maschinellem Lernen vorankommen. Wie das gehen soll, bleibt unklar.
       
       Umso deutlicher spricht sich die Brüsseler Behörde für massive Förderung
       aus. Es gehe um die KI-Exzellenz „vom Labor bis zum Markt“ und den „Aufbau
       einer strategischen Führungsrolle in hochwirksamen Sektoren und
       Technologien“, heißt es an die Adresse der EU-Staaten und der Unternehmen.
       
       Die Wirtschaft ist dennoch unzufrieden. Die Nutzung von KI in Maschinen sei
       kein Risiko, kritisiert der VDMA – und warnt vor Überregulierung. Mehr Biss
       fordern hingegen die Grünen. „Es ist ein Schlag ins Gesicht der
       Zivilgesellschaft, dass ein klares Verbot von Gesichtserkennung im
       öffentlichen Raum fehlt“, sagte die grüne Europaabgeordnete Alexandra
       Geese.
       
       21 Apr 2021
       
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