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       # taz.de -- Vor dem Corona-Impfgipfel: Freiheit für die SeniorInnen!
       
       > Die merkwürdig neidgeprägte Debatte über Impfpriorisierung missachtet
       > besonders eine Gruppe: Die Alten, die geimpft noch immer isoliert leben.
       
   IMG Bild: Der Großteil der BewohnerInnen in Pflegeheimen ist bereits geimpft – und trotzdem isoliert
       
       Vor der Pandemie sind in einem Berliner SeniorInnenheim die BewohnerInnen
       regelmäßig zum Kartenspielen, Handarbeiten, zum Singen, auch auf ein
       Stückchen Kuchen in der Cafeteria vom Pflegeheim nebenan zusammengekommen.
       Mal ein Ausflug in die Berliner Umgebung, mal auf ein Stündchen in die
       Eisdiele an der Ecke. Seit gut einem Jahr gibt es nichts davon. Fast alle
       BewohnerInnen leben allein. Fast alle sind seit drei Monaten geimpft. Auch
       im Pflegeheim nebenan.
       
       Ende März machte das [1][Robert Koch-Institut] in Deutschland offiziell,
       was israelische Studien längst erwarten ließen: Spätestens 15 Tage nach der
       zweiten Impfung ist die Gefahr, das Virus weiterzutragen, gebannt. Trotzdem
       sind gemeinsame Aktivitäten weiterhin verboten. [2][Verfassungsrechtlich
       ist dieser massive Eingriff in die Freiheitsrechte nicht länger haltbar].
       Erste [3][Klagen] dagegen laufen.
       
       Wenn [4][Bund und Länder] am Montag zusammenkommen, um über Freiheiten für
       Geimpfte zu beraten, dann wäre ein Gedanke an die Leute, die aus dem Grund
       zuerst geimpft wurden, weil das Virus für sie lebensbedrohlicher ist als
       für jüngere, nicht verkehrt. [5][Weit über die Hälfte derer, die mit
       Covid-19 gestorben sind], gehören zu dieser Gruppe.
       
       Angesteckt nicht von ihren Kindern oder FreundInnen, sondern vom
       Pflegepersonal, einer weiteren augenscheinlich „privilegierten Gruppe“,
       wenn über Ausnahmeregelungen der Kontaktbeschränkungen verhandelt wird.
       Augenscheinlich, weil es eben nicht darum geht, Geimpften und Genesenen
       mehr zu erlauben als anderen, sondern darum, ihnen weniger zu verbieten.
       Unfassbar, dass der Deutsche Ethikrat lange an dem Prinzip „alle oder
       keineR“ festhielt.
       
       ## „Solidaritätszumutung“ nicht überstrapazieren
       
       So äußerte [6][Sigrid Graumann vom Deutschen Ethikrat gegenüber der taz]
       die Befürchtung, dass „bei besonderen Regelungen für Geimpfte“ mit
       Folgeproblemen zu rechnen sei, „die die Schutzstrategien gegen die Pandemie
       unterminieren“. Die „Solidaritätszumuntung“ für die BürgerInnen dürfe nicht
       überstrapaziert werden. Graumann zeugt damit von einer bitteren Erkenntnis
       über uns Deutsche.
       
       [7][Ein im Februar vom WDR in Auftrag gegebenes Meinungsbild zeigt, dass
       68% der Befragten gegen Ausnahmeregelungen sind.] „Was natürlich nicht sein
       kann“, so hielt [8][Tilman Kuban], der Chef der Jungen Union, seinerzeit
       fest, „ist, dass im Sommer die Rentner am Strand liegen, aber die junge
       Generation weiterhin zu Hause sitzt“. Im Ernst? Weil ich noch nicht mit
       Impfen dran bin, dürfen die Leute im Seniorenheim auch nicht aus dem Haus?
       In welche Schieflage gerät der Blick für unsere Umwelt, wenn Neid ihn
       trübt.
       
       In kleinen Gruppen zusammenkommen – mindestens das sollten die Bewohner in
       dem Berliner Wohnheim wieder dürfen. Nicht erst in drei Wochen. Heute noch!
       
       26 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /RKI-Bericht-zu-Geimpften/!5764106
   DIR [2] /Freiheit-fuer-Geimpfte/!5760459
   DIR [3] https://www.swr.de/swraktuell/baden-wuerttemberg/suedbaden/meldung-54108.html
   DIR [4] /Corona-Impfgipfel/!5768600
   DIR [5] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1104173/umfrage/todesfaelle-aufgrund-des-coronavirus-in-deutschland-nach-geschlecht/
   DIR [6] /Ethikrat-Mitglied-ueber-Impfprivilegien/!5759237
   DIR [7] https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-2503.html
   DIR [8] https://www.tagesschau.de/inland/deutschlandtrend/deutschlandtrend-2503.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Knaul
       
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