# taz.de -- Deutscher Pharmakonzern in Brasilien: Kopfschmerzen durch Bayer-Pestizide
> Indigene in Brasilien leiden unter den Folgen von Pestiziden. Viele der
> Gifte stammten von Bayer, so die Gesellschaft für bedrohte Völker.
IMG Bild: Was für die Pflanze gut sein mag, ist es für die Menschen noch lange nicht: Sojaernte in Brasilien
Berlin taz | Als die Wolke aus Kalkstein und Pestizidstaub über das Dorf
Guyraroká zog, saßen gerade etwa 15 Kinder beim Frühstück. Bald bekamen sie
Hautreizungen, dann Übelkeit, Durchfall und Kopfschmerzen. Der giftige
Cocktail war im Mai 2019 über dem Dorf der Guarani Kaiowa-Indigenen im
brasilianischen Bundesstaat Mato Grosso do Sul versprüht worden. Die
Gesellschaft für bedrohte Völker (GfBV) hat in ihrem jüngst
veröffentlichten [1][Bericht] „Big in Brazil: Bayers Pestizid-Exporte und
ihre Folgen für Indigene“ sieben solcher Fälle zusammengetragen und stellt
fest: In ganz Brasilien werden [2][Indigene Leidtragende von Pestiziden].
Viele in Brasilien verwendete Pestizide stammen vom deutschen Pharmariesen
Bayer, der seit der Übernahme des US-amerikanischen Saatgutherstellers
Monsanto in den Milliardendeal mit Pestiziden eingestiegen ist – und [3][an
diesem Dienstag seine Hauptversammlung abhält].
Bayer nutze „Doppelstandards“, kritisiert Juliana Miyazaki, GfbV-Referentin
für indigene Völker. So würden in Deutschland viele Pestizide produziert,
die in der EU verboten sind, um sie in Länder wie Brasilien zu exportieren.
Dort werden sie vor allem beim Anbau von Soja, Mais, Zucker und Baumwolle
verwendet – Exportprodukte, die anschließend wieder Europa erreichen.
Die GfbV spricht von einer „Verlagerung menschenrechtsverletzender und
umweltverschmutzender Praktiken in Drittländer“. „Wir fordern Bayer auf,
den Blick auf die lokale Bevölkerung zu richten und langfristig
Business-Strategien zu entwickeln, die ohne den Handel mit hochgefährlichen
Pestiziden auskommen“, sagt Regina Sonk, GfbV-Referentin für indigene
Völker.
## Bayer sucht Kontakt
Auf Nachfrage der taz erklärte die Pressestelle von Bayer, dass eine erste
Analyse der genannten Fallbeispiele „keine konkreten Bezüge“ feststellen
ließen. Das Unternehmen erklärte, „angemessene Maßnahmen“ ergreifen zu
wollen, „sollten sich Verletzungen bestätigen, die von Bayer verursacht
wurden oder auf die wir realistischen Einfluss haben“.
Zudem hat Bayer das Gespräch mit der GfbV gesucht. Die Gesellschaft
bestätigte der taz, dass der Konzern den Kontakt aufgenommen habe. „Wir
freuen uns über einen direkten Austausch mit der Bayer AG und hoffen, den
Konzern mit betroffenen Indigenen zusammenbringen zu können“, sagt Regina
Sonk von der GfbV.
Während der Konzern aus Leverkusen in den USA wegen des Unkrautvernichters
Glyphosat mit einer Welle von Einzelklagen konfrontiert ist, steht die
Situation in Brasilien nur selten im Fokus. Dabei importiert kein Land der
Welt so viele Pestizide wie Brasilien. Die exportorientierte
Agrarwirtschaft setzt auf Monokulturen, Indigene stehen der Wachstumslogik
häufig im Weg.
## Bolsonaro ist mit Agroindustrie verbunden
Die Regierung des Rechtsradikalen Jair Bolsonaro ist zudem eng mit der
Agroindustrie verbunden und baut seit Amtsantritt systematisch
Umweltschutzrichtlinien ab. Landwirtschaftsministerin Tereza Cristina hat
so in gut zwei Jahren bislang 1.132 neue Pestizide zugelassen – viele davon
sind in Europa verboten.
Zwar versprach Präsident Bolsonaro auf dem von US-Präsident Joe Biden
einberufenen Klimagipfel in der vergangenen Woche die Einhaltung von
Umweltschutzstandards, jedoch rechnen Expert*innen nicht mit einer
Abkehr von seiner umwelt- und klimafeindlichen Politik. So versucht die
Regierung derzeit, Pestizidvorschriften weiter zu liberalisieren.
27 Apr 2021
## LINKS
DIR [1] https://www.gfbv.de/de/news/gfbv-report-zur-bayer-hauptversammlung-27-4-10495/
DIR [2] /Landkonflikt-in-Brasilien/!5693741
DIR [3] https://www.bayer.com/de/investoren/hauptversammlung
## AUTOREN
DIR Niklas Franzen
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