# taz.de -- Handelsabkommen mit Großbritannien: EU rümpft die Nase und sagt Ja
> Das Europaparlament hat das Handelsabkommen mit London endgültig
> beschlossen. Derweil droht die EU-Kommission mit Sanktionen.
IMG Bild: Der Deal konnte einen „harten Brexit“ abwenden: Nun gab das Europaparlament grünes Licht
Brüssel taz | Fast ein Jahr und drei Monate nach dem Brexit hat das
Europaparlament am Mittwoch in Brüssel dem Handelspakt endgültig
zugestimmt, das die künftigen Beziehungen zwischen der EU und
Großbritannien regelt. Damit endet die rechtliche Unsicherheit, die durch
die bisher lediglich vorläufige Anwendung dieses Abkommens entstanden war.
Doch Ruhe ist nicht eingekehrt: Nun droht die EU mit Strafzöllen und
Quoten.
[1][Das Handels- und Kooperationsabkommen war an Heiligabend 2020
vereinbart worden] – kurz vor Toresschluss am 31. Dezember, als die
Übergangsfrist endete, mit der das Vereinigte Königreich seit dem
EU-Austritt am 31. Januar 2020 zunächst noch im europäischen Binnenmarkt
verblieben war.
Brüssel und London konnten mit ihrem Deal den drohenden „harten“ Brexit
abwenden. Das Europaparlament lehnte es damals jedoch ab, den Text im
Eilverfahren zu ratifizieren. Es ließ sich für die Prüfung viel Zeit,
konnte am Ende aber keine substanziellen Änderungen mehr durchsetzen.
Für Frust sorgt der Streit um Zollkontrollen in Nordirland. Die EU wirft
London vor, gegen eine Klausel aus dem schon 2019 vereinbarten
Austrittsabkommen zu verstoßen, die offene Grenzen zwischen der britischen
Provinz Nordirland und dem EU-Mitglied Irland garantiert – um den Preis,
dass fällige Grenzkontrollen dann eben zwischen Großbritannien und
Nordirland stattfinden müssen. Bei der abschließenden Parlamentsdebatte
brach sich nun der Ärger Bahn.
## Von der Leyen droht mit Sanktionen
„Wir haben kein Vertrauen in die Regierung von Boris Johnson“, erklärte der
Chef der größten Fraktion, Manfred Weber (CSU). Wenn er dennoch für das
Abkommen stimme, so nur, damit die EU die Hebel darin nutzen könne.
Ähnlich äußerte sich der Chef des Handelsausschusses, Bernd Lange (SPD).
„Es darf keine einseitigen Aktionen der britischen Regierung mehr geben,
ansonsten werden wir nicht zögern, alle Instrumente des Abkommens zu
nutzen“, sagte er. „So wäre es rechtlich möglich, britische Importe mit
Zöllen oder Quoten zu belegen“, ergänzte der Vorsitzende des Auswärtigen
Ausschusses, David McAllister (CDU).
Das letzte Wort hat allerdings nicht das Europaparlament, sondern die
EU-Kommission. Behördenchefin Ursula von der Leyen (CDU) sagte, im Streit
um Nordirland habe es zuletzt „einige Fortschritte“ gegeben. Allerdings
werde ihre Behörde nicht zögern, die im Abkommen enthaltenen
Sanktionsmöglichkeiten zu nutzen, falls dies nötig werde.
Bereits jetzt läuft ein Vertragsverletzungsverfahren Brüssels gegen London
wegen der einseitigen Aussetzung der Grenzkontrollen durch die britische
Regierung in Reaktion auf gewalttätige Proteste nordirischer Unionisten
dagegen. Dieses Verfahren kann sich jedoch monatelang hinziehen. Strafzölle
und Quoten würden schneller wirken – jedoch auch den europäischen Handel
mit Großbritannien insgesamt treffen.
28 Apr 2021
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## AUTOREN
DIR Eric Bonse
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