URI: 
       # taz.de -- Proteste in Tschad: „Kriegswaffen“ gegen Demonstranten
       
       > Mehrere Menschen sterben bei Protesten nach der Machtübernahme des
       > Militärs. Der neue Machthaber Mahamat Idriss Déby verspricht Dialog.
       
   IMG Bild: N'Djamena versinkt in Gewalt: In Tschads Hauptstadt wird auf Demonstranten geschossen
       
       Berlin taz | Eine Woche nach der [1][Machtübernahme des Militärs in Tschad]
       regt sich Widerstand. Mindestens fünf Menschen wurden am Dienstag bei der
       Niederschlagung von Demonstrationen gegen das neue Militärregime getötet.
       
       Vier Menschen starben nach amtlichen Angaben in der Hauptstadt N'Djamena,
       einer in der Stadt Moundou im Süden des Landes. Zu den Toten in N'Djamena
       gehöre eine von Demonstranten getötete Frau, erklärte die
       Staatsanwaltschaft am Abend. Es gelang den Demonstranten nicht, sich zu
       größeren Versammlungen zusammenzutun; schon kleinere Menschenansammlungen
       wurden mit Gewalt aufgelöst, berichteten Augenzeugen.
       
       Die unabhängige Menschenrechtsorganisation CTDDH (Tschadischer Konvent zur
       Verteidigung der Menschenrechte) zählte neun Tote, davon sieben in der
       Hauptstadt und zwei in Moundou, außerdem 16 Verletzte. Ein 19-Jähriger sei
       in N'Djamena durch einen Bauchschuss der Polizei getötet worden, auch in
       Moundou habe die Polizei Menschen erschossen. Es handle sich um einen
       „unverhältnismäßigen Einsatz von Kriegswaffen gegen eine unbewaffnete
       Bevölkerung“, so die CTDDH in einer Erklärung.
       
       Für Mittwoch kündigten Oppositionsgruppen neue Proteste an. Tschad wird
       seit Dienstag vergangener Woche von einem Militärrat regiert, nachdem der
       [2][langjährige Präsident Idriss Déby] bei einem Besuch an der Front gegen
       [3][aus Libyen eingerückte Rebellen] getötet worden war. Sein Sohn Mahamat
       Idriss Déby ist jetzt Präsident an der Spitze des Militärrats für eine
       verlängerbare Zeit von 18 Monaten.
       
       ## Marcon verurteilt „Repression“
       
       Dies widerspricht der tschadischen Verfassung, wonach der Tod des
       Präsidenten eine Übernahme seines Amts durch den Parlamentspräsidenten und
       Neuwahlen nach spätestens 90 Tagen bedeutet, und wird daher von der zivilen
       und militärischen Opposition abgelehnt.
       
       Mahamat Idriss Déby kündigte am Dienstagabend in einer Fernsehansprache
       einen „inklusiven nationalen Dialog“ an und empfing Vertreter politischer
       Parteien zu Gesprächen. Die Afrikanische Union (AU) kündigte eine
       Vermittlungsmission in Tschad an.
       
       Der neue Machthaber Tschads sah sich zunächst bestätigt dadurch, dass
       zahlreiche Präsidenten, darunter Emmanuel Macron aus Frankreich, am Freitag
       [4][zur Trauerfeier für seinen getöteten Vater] nach N'Djamena gereist
       waren und sich mit ihm zu Gesprächen trafen. Doch in der Nacht zu Mittwoch
       verurteilte Macron die „Repression“ gegenüber den Demonstranten und
       verlangte einen „friedlichen, demokratischen und inklusiven“ Übergang.
       
       In N'Djamena befindet sich eine der wichtigsten ausländischen Militärbasen
       Frankreichs, von der aus der [5][Antiterrorkampf in der Sahelzone]
       kommandiert wird. Deswegen hat Frankreich ein großes Interesse an
       Stabilität in Tschad.
       
       Noch ist unklar, ob die verschiedenen Rebellengruppen Tschads ihre Drohung
       wahr machen und auf die Hauptstadt marschieren, um Mahamat Idriss Déby zu
       stürzen. Berichten zufolge sollen die aus Libyen einmarschierten Rebellen
       der FACT (Front für Wandel und Eintracht in Tschad), im Kampf gegen die
       Idriss Déby gefallen war, mittlerweile Ziel französischer Luftangriffe
       geworden sein.
       
       Zugleich wuden am Dienstag Kämpfe mit islamistischen Rebellen am Tschadsee
       rund 100 Kilometer nördlich von N'Djamena gemeldet. In dieser Region ist
       die [6][nigerianische Terrorgruppe Boko Haram] basiert.
       
       28 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Krieg-in-Tschad/!5768050
   DIR [2] /Tod-von-Tschads-Praesidenten/!5768044
   DIR [3] /Rebelleneinmarsch-aus-Libyen/!5761973
   DIR [4] /Nach-Tod-von-Idriss-Deby/!5762496
   DIR [5] /Sahel-Gipfel-in-Tschads-Hauptstadt/!5747214
   DIR [6] /Terror-in-Nigeria/!5728799
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
       ## TAGS
       
   DIR Tschad
   DIR Idriss Déby
   DIR Sahel
   DIR Tschad
   DIR Tschad
   DIR Boko Haram
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Konfliktforscherin über Tschad: „Kein demokratisches Land“
       
       Nach dem Tod des Präsidenten ist ein demokratischer Übergang schwer
       vorstellbar, sagt Helga Dickow. Stattdessen drohe eine Schlacht um die
       Hauptstadt.
       
   DIR Konflikt in Tschad: Rebellen wollen weiterkämpfen
       
       Nach dem Tod des Präsidenten Idriss Déby bleibt die Lage verworren.
       Rebellen und zivile Gruppen lehnen die Machtübernahme durch seinen Sohn ab.
       
   DIR Sicherheit im Sahel und am Tschadsee: Schickt nicht noch mehr Soldaten
       
       Neue Missionen werden die Islamisten nicht stoppen. Bei der
       Terrorbekämpfung gibt es zu viele Nutznießer*innen in Politik, Armee und
       Behörden.