# taz.de -- Corona-Infektionsschutz und Studium: Hochschulen wollen mehr Ausnahmen
> Die Hochschulen sehen keine Chance, die Bundesnotbremse so anzuwenden wie
> gefordert. Viele Studis würden sonst Semester verlieren.
IMG Bild: Praxisleistungen z.B. in Uni-Laboren können aufgrund der Notbremse derzeit nicht voll erbracht werden
Berlin taz | Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz, Peter-André Alt,
fordert Ausnahmen im Infektionsschutzgesetz für die Hochschulen. „Wenn wir
das so umsetzen wie derzeit vorgesehen, müssten viele Hochschulen ihre
Labore, Übungsräume und Werkstätten dicht machen“, sagte Alt am Mittwoch in
einem Pressegespräch. Studierende würden Studiensemester verlieren, weil
sie studiennotwendige Praxisleistungen nicht erbringen könnten. Damit
bekräftigte Alt die Kritik der HRK an dem Gesetz.
Nach Auskunft der HRK finden derzeit noch etwa 10 Prozent der
Veranstaltungen in Präsenz statt. Der Anteil ist von Hochschule zu
Hochschule aber höchst unterschiedlich. An künstlerischen Hochschulen liegt
der Präsenzanteil bei etwa 30 Prozent, während er an Universitäten sehr
viel niedriger ist. Dort sitzen Studierende fast [1][ausschließlich in
virtuellen Vorlesungen und Seminaren].
Die Hochschulen brauchten die Freiheit, selbst festzulegen, welche Mischung
aus [2][Präsenz- und Onlineveranstaltungen] sie anbieten, sagte Alt. „Eine
Gleichsetzung von Hochschulen und Schulen, wie derzeit im Gesetz
vorgesehen, ist gerade in den künstlerischen Fächern sachfremd.“
Unterstützung erhält die Hochschulrektorenkonferenz von den
Wissenschaftsminister:innen. Die hatten sich parteiübergreifend bereits am
Freitag, als das Gesetz in Kraft trat, in einem Brief an
Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) und Bundesgesundheitsminister
Jens Spahn (CDU) gewandt. „Ohne Differenzierung zwischen Schulbetrieb und
Hochschulbetrieb droht in vielen Studiengängen eine eingeschränkte
Studierbarkeit des Semesters“, begründete die Initiatorin, die
baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) den
Appell.
## Grundlegende Bafög-Reform nötig
Das betreffe gerade die zur Pandemiebewältigung bedeutsamen Studiengänge
wie Medizin und Pharmazie mit notwendigem Praxisbezug und
Präsenznotwendigkeiten in der Lehre, heißt es im Schreiben der 16 Länder.
Außerdem bedeute ein Verbot jeglicher praktischer Ausbildungsbestandteile
zum Beispiel an den Kunst- und Musikhochschulen faktisch einen Ausschluss
vom Studium.
Auf Anfrage der taz stellt das Bundesbildungsministerium klar, dass
Prüfungen, Forschungstätigkeiten, Tätigkeiten in Laboren und ähnlichen
Einrichtungen – ebenso wie (Hochschul-)Bibliotheken – ausdrücklich nicht
von der Untersagung von Präsenzunterricht erfasst seien. „Inwiefern darüber
hinaus gesetzlicher Regelungsbedarf besteht, wird derzeit geprüft“, teilt
ein Sprecher mit.
Ebenfalls an die Adresse der Bundesbildungsministerin richten die
Hochschulrektor:innen den Appell, das Bafög grundlegend zu
reformieren. Die heutige Förderung werde der Lebensrealität vieler
Studierender nicht mehr gerecht. Die HRK fordert die elternabhängige
Förderung so anzupassen, dass mehr Studierende Anspruch darauf haben.
Derzeit beziehen 12 Prozent der Studierenden Bafög, bei Einführung vor
knapp 50 Jahren waren es noch knapp 45 Prozent.
Die Altersgrenze beim Bafög – sie liegt derzeit bei 34 Jahren – sollte
fallen und auch Teilzeitstudierende sollten künftig Bafög beziehen. Das
Kriterium „Regelstudienzeit“, in der die Studierenden Bafög beziehen
dürfen, müsse um zwei Semester erweitert werden. Außerdem müsse das Bafög
künftig um eine Nothilfe-Komponente für bundesweite Notsituationen ergänzt
werden, damit in Einzelfällen pragmatisch und schnell auch den Studierenden
geholfen werden könne, die kein Bafög erhalten.
28 Apr 2021
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## AUTOREN
DIR Anna Lehmann
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