URI: 
       # taz.de -- Verfahren gegen Wolfgang Fellner: Prozess um „super Popsch“
       
       > Eine Moderatorin klagt gegen den österreichischen Medienmogul Wolfgang
       > Fellner. Er habe sie belästigt und ihr anschließend gekündigt.
       
   IMG Bild: Österreichs Medienmogul und König des Boulevards: Wolfgang Fellner
       
       Wien taz | Sexuelle Belästigung in Redaktionsstuben und Fernsehsendern ist
       auch in Österreich vor allem für junge Journalistinnen an der Tagesordnung.
       Das bestätigt einmal mehr ein Prozess vor dem Wiener Arbeitsgericht.
       Beklagter war am Mittwoch der 66-jährige [1][Medienmogul und König des
       Boulevards Wolfgang Fellner], dem eine ehemalige Moderatorin vorwirft, sie
       sexuell bedrängt zu haben. Als sie sich vor zwei Jahren darüber beschwerte,
       wurde sie fristlos entlassen. In einem zweiten Prozess klagt Fellner
       wiederum gegen die Ex-Mitarbeiterin, weil sie ihn zu Unrecht beschuldigt
       habe.
       
       Bisher hatten Zeitungen über diesen Fall vorsichtig und ohne Namensnennung
       berichtet – die Rede war stets von einem als klagefreudig bekannten
       „Medienmanager“. Erst die Zeit hatte in ihrer Online-Ausgabe vom Dienstag
       ihn und sein mutmaßliches Opfer beim Namen genannt. Die 30-jährige Raphaela
       Scharf, die Fellner vor zwei Jahren noch in seinem Privatkanal oe24.tv „zum
       Star“ machen wollte, macht inzwischen beim Konkurrenzsender krone.tv
       Karriere.
       
       Sie hatte sich über anzügliche Bemerkungen über ihren Busen und ihren
       „super Popsch“, Klapse auf den Hintern und Kussversuche beschwert. Scharfs
       Gedächtnisprotokolle, Gerichtsakten und Mitschriften des Betriebsrates
       dienten der Redakteurin der Zeit als Grundlage für ihre detaillierte
       Recherche.
       
       Bei Interviews mit aktuellen und ehemaligen Mitarbeiterinnen der
       Fellner-Medien – darunter die Gratiszeitung Österreich – ergab sich das
       seltsame Bild, dass jene, die nicht mehr für den Tycoon arbeiten, die
       Vorwürfe mehrheitlich bestätigten und von einem zeitweise „unerträglichen
       Arbeitsklima“ sprachen – jene, die noch bei Fellner im Sold stehen, wollen
       hingegen keine entsprechenden Beobachtungen gemacht haben. Fellner selbst
       ließ einen Fragenkatalog von seinem Anwalt beantworten: „Sämtliche
       Vorwürfe, die Frau Scharf behauptet, sind jedenfalls unwahr.“
       
       ## Fellner klagt zurück
       
       Der Tageszeitung Der Standard, [2][die im März den ersten Prozesstag – ohne
       Nennung von Namen – journalistisch begleitet hatte], will Fellner
       gerichtlich untersagen lassen, „identifizierend zu berichten“ und sogar
       verbieten, ehemalige Mitarbeiterinnen zu kontaktieren.
       
       Wer Wolfgang Fellners sabbernde Interviews mit attraktiven Frauen kennt,
       wird sich über die Vorwürfe nicht wundern. In einem Live-Interview vor zwei
       Jahren hatte er zum Beispiel die als „Bambi“ bekannte ehemalige Gespielin
       des 88-jährigen Bauunternehmers und Society-Löwen Richard Lugner als „sexy
       Betthupferl“ angesprochen und konnte sich nicht vorstellen, dass Lugner mit
       ihr nie Sex gehabt habe: „ Das gibt es ja gar nicht, wenn ich mir dich so
       anschaue“. Fellners Medien wurden im vergangenen Jahr mit über zwei
       Millionen Euro aus dem Corona-Fonds gestützt und mit mehr als 15 Millionen
       Inseratengeld von der öffentlichen Hand gefüttert.
       
       Ein Urteil vor dem Arbeitsgericht war zu Redaktionsschluss am
       Mittwochnachmittag noch nicht gefällt worden. Die anderen Prozesse laufen
       noch.
       
       „Update Mittwochabend: Fellner gibt an, er sehe diesen Prozess als
       Racheakt, weil er eine Gehaltserhöhung abgelehnt habe. Die
       „Umarmungsemojis“ an Scharf seien aus dem Kontext gerissen worden. Der
       Vorwurf „Du schaust aus wie eine Nutte“, habe nur das Styling betroffen.
       Und: „Alles was an me-too-Märchen daher kommt“ sei frei erfunden. Scharf
       habeversucht, mit ihm zu flirten. Die Verhandlung wird im September
       fortgesetzt.“
       
       28 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Krach-um-Corona-Impfstoff/!5758004
   DIR [2] https://www.derstandard.at/story/2000124571497/wiener-medienmanager-klagt-gegen-vorwuerfe-der-sexuellen-belaestigung
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ralf Leonhard
       
       ## TAGS
       
   DIR Österreich
   DIR Boulevard
   DIR sexuelle Belästigung
   DIR Ibiza-Affäre
   DIR Österreich
   DIR Wien
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Ibiza-Affäre in Österreich: Die nackte Oligarchin
       
       Das „Ibiza-Video“ löste vor zwei Jahren in Österreich einen Skandal aus.
       Nun zeigt ein Medium neue Bilder, die die Beschuldigten reinwaschen sollen.
       
   DIR Krach um Corona-Impfstoff: In Österreichs Koalition rappelt es
       
       Erst warf Österreichs Kanzler Kurz der EU „Geheimpläne“ zur
       Impfstoffverteilung vor. Dann griff er das grüne Gesundheitsministerium in
       Wien an.
       
   DIR Medien in der Wien-Nacht: Live um jeden Preis
       
       Bei bedrohlichen Ereignissen wollen Medien rasch informieren und missachten
       dabei oft ethische Grenzen. Auch wieder in der Wien-Nacht.