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       # taz.de -- Ermordeter Student Giulio Regeni: Agenten vor Gericht
       
       > Der Doktorand Giulio Regeni wurde 2016 in Kairo ermordet. Nun macht
       > Italiens Justiz vier ägyptischen Geheimdienstlern den Prozess.
       
   IMG Bild: Der italienische Wissenschaftler Giulio Regeni wurde Anfang März 2016 in Kairo ermordet
       
       Rom taz | Mehr als fünf Jahre nach dem [1][Mord an dem italienischen
       Wissenschaftler Giulio Regeni] in Kairo will Italiens Justiz vier
       Angehörigen der ägyptischen Sicherheitskräfte den Prozess machen. Die
       Staatsanwaltschaft in Rom glaubt, genügend Beweise zu haben, um den
       Nachweis zu führen, dass die ägyptischen Geheimdienste hinter dem Fall
       stehen.
       
       Der damals 28-jährige Regeni hielt sich für seine Doktorarbeit, die er an
       der Universität Cambrigde erstellte, in Kairo auf. Sein Forschungsobjekt
       waren die regimeunabhängigen Gewerkschaften, mit deren Vertreter*innen
       er intensiven Kontakt hatte. Dies wurde ihm offenkundig zum Verhängnis: Ein
       Gewerkschafter denunzierte ihn bei den Behörden als angeblichen Spion.
       
       Daraufhin wurde Regeni am 25. Januar 2016 an einer Kairoer U-Bahn-Station
       entführt. Mehrere ägyptische Zeugen, die vor den italienischen
       Staatsanwält*innen aussagten, berichteten, er sei in ein
       Geheimdienstgefängnis gebracht und dort tagelang gefoltert worden. Neun
       Tage nach seiner Verschleppung wurde seine von Folterspuren entstellte,
       nackte Leiche am Rand einer Ausfallstraße außerhalb Kairos gefunden.
       
       Die ägyptischen Behörden meldeten im März 2016, vier Kriminelle, die Regeni
       entführt, ausgeraubt und getötet hätten, [2][seien von der Polizei
       erschossen worden]; in der Wohnung der Schwester eines der Getöteten sei
       der Personalausweis Regenis gefunden worden. Doch in langwieriger
       Puzzle-Arbeit – und weitgehend ohne Kooperation vonseiten Ägyptens – kamen
       Italiens Staatsanwält*innen zu einem anderen Befund: In Ihren Augen
       handelt es sich um einen staatlich beauftragten und organisierten Mord.
       
       ## Verhandelt wird ohne die Angeklagten
       
       Bei der Voranhörung am 25. Mai in Rom ließ der zuständige Richter die
       Anklage gegen vier Geheimdienstmitglieder wegen Entführung und Mord zu:
       gegen den General Sabir Tariq, die Obersten Usham Helmi und Athar Kamel
       Mohamed Ibrahim sowie den Major Magdi Ibrahim Abdel Sharif. Die
       Hauptverhandlung soll am 14. Oktober beginnen.
       
       Vor Gericht werden die Angeklagten wohl kaum erscheinen, da Ägypten
       keinerlei Neigung zu ihrer Auslieferung zeigt. Angehört wurden sie
       ausschließlich von ägyptischen Ermittlern, denen gegenüber sie die von der
       italienischen Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe abstritten. Ein
       ägyptischer Staatsanwalt befand daraufhin, die von italienischer Seite
       vorgelegten Beweise seien „unzureichend“. Und auch die Adressen der vier
       Beschuldigten teilten die ägyptischen Behörden dem Gericht in Rom nicht
       mit.
       
       Dass ihnen deshalb die Vorladung nicht zugestellt werden konnte, spielte in
       der Voranhörung aber keine Rolle. Der Ermittlungsrichter befand, aufgrund
       des breiten öffentlichen Echos seien die vier auf jeden Fall über die
       Verhandlung informiert und versuchten, sich wissentlich dem Verfahren zu
       entziehen. In Italien kann auch in Abwesenheit der Angeklagten verhandelt
       und auch geurteilt werden.
       
       Zufrieden äußerte sich die Anwältin von Regenis Eltern: Deren „Recht auf
       Wahrheit“ könne mit dem Prozess endlich Genüge getan werden.
       
       26 May 2021
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Michael Braun
       
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