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       # taz.de -- Solidarität mit der Glaubensgemeinschaft: Meine Kirche, deine Kirche
       
       > Man kann starke Kritik an der Kirche üben und trotzdem mit ihr
       > solidarisch sein. Für viele Menschen sind Gemeinden Orte der
       > Geborgenheit.
       
   IMG Bild: Kirche leistet einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft: Kreuz auf Kirchendach in Siegen
       
       Sobald Menschen erfahren, dass ich evangelisch bin, stellen sie mir viele
       Fragen. Oft fällt folgender Satz: „Alleine wegen der Kirchensteuer würde
       ich austreten.“ Ich nutze diese Gespräche, um meine eigene Stellung zur
       christlichen Institution immer wieder zu reflektieren. Meine Position ist
       ziemlich kompliziert: Ich habe schon immer an Gott geglaubt.
       
       Für meine Eltern ist Religion etwas sehr Privates, in die Kirche gingen wir
       nur sehr selten. Mich faszinierte besonders die komplexe Geschichte und
       letztendlich auch die Frauenfiguren: Jeanne d’Arc, Maria Magdalena oder
       auch Esther weckten mein Interesse schon sehr früh.
       
       Zudem hat es nicht geschadet, dass ich das seltene Glück hatte, eine
       ausgezeichnete Religionslehrerin zu haben. Trotzdem baute ich erst mit
       meiner Konfirmation eine Verbindung zur Kirche auf. Selbst diese besuchte
       ich weniger aus Überzeugung, ich wollte dort eigentlich nur mehr Zeit mit
       meiner besten Freundin verbringen.
       
       Mit der Zeit fand ich jedoch Interesse am Gespräch mit dem Pfarrer, der
       sich gerne meinen kritischen Fragen stellte und mich ermutigte, diese
       Einstellung zu behalten. Er reagierte stets verständnisvoll und
       interessiert. Wider meine Erwartungen wurde ich für meine kritische
       Position nicht verurteilt. Die folgenden Jahre verbrachte ich damit, eine
       passende Gemeinde zu finden.
       
       ## Viele einsame ältere Menschen
       
       Ich besuchte verschiedene evangelische Gemeinden und stellte fest, dass
       keine zu mir passte. Nach der Schule studierte ich aus Zufall Evangelische
       Theologie (für gerade mal zwei Semester, die Sprachkurse brachen mir
       beinahe das Genick. Chapeau an alle Theolog*innen!) Dort lernte ich, dass
       [1][Glaube sehr komplex] ist und man auf bestimmte Fragen nie die richtige
       Antwort findet. Letztendlich sagt das Wort „Glaube“ schon aus, dass es
       keine Sicherheit für die Existenz einer höheren Macht gibt, uns bleibt
       deshalb nur, nach bestem Gewissen eine eigene Position zur Religion zu
       finden.
       
       Eine meiner Positionen ist, dass ich persönlich keinen Bezug zur
       kirchlichen Institution habe, da ich mit einem starken Familien- und
       Freundeskreis gesegnet bin. Ich habe meine eigene kleine Gemeinde, die mich
       auffängt und unterstützt. Leider haben viele Menschen in Deutschland diese
       Gemeinde nicht: In Süd-Neukölln, wo ich geboren und aufgewachsen bin, gibt
       es viele einsame ältere Menschen.
       
       Die Kirche bietet ihnen einen Ort, an dem sie [2][Geborgenheit finden und
       soziale Beziehungen] pflegen können. Hinzu kommt, dass viele gemeinnützige
       Organisationen, Kindergärten und Jugendräume von der Kirche gestellt
       werden. Diese Einrichtungen sind unentbehrlich und trotzdem zu knapp.
       Solange unsere Regierung keine Strukturen aufbaut, in der die Kirche nicht
       mehr für ein sicheres soziales Netzwerk notwendig ist, bleibe ich
       solidarisch und unterstütze sie. Bei aller Kritik, die durchaus berechtigt
       ist, dürfen wir nicht vergessen, was viele lokale Mitarbeiter*innen
       der Kirche jeden Tag für unsere Gesellschaft leisten.
       
       13 May 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Cindy Adjei
       
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