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       # taz.de -- Datenschutz versus Extremismus: Whatsapp soll überwacht werden
       
       > Der Verfassungsschutz soll künftig auf Messenger-Chats von Extremisten
       > zugreifen können. Der Bundestag debattierte nun darüber.
       
   IMG Bild: Staatstrojaner für Whatsapp – so sieht es ein Gesetzentwurf der Groko vor
       
       Freiburg taz | Die Große Koalition will, dass der Verfassungsschutz auch
       die Messenger-Kommunikation von Extremist:innen überwachen kann. An
       diesem Freitag diskutierte der Bundestag [1][den entsprechenden
       Gesetzentwurf] in erster Lesung. Koalitionsabgeordnete bezeichneten die
       gemeinsame Opposition von AfD, FDP, Linken und Grünen als
       „Sicherheitsrisiko“.
       
       „Es ist doch absurd, dass der Verfassungsschutz bisher zwar SMS aus dem
       Handy auslesen darf, aber keine Whatsapp-Nachrichten aus dem Smartphone“,
       erklärte Thorsten Frei, der Fraktionsvize von CDU/CSU. „Wie soll der
       Verfassungsschutz mit den Methoden von gestern die Anschläge von morgen
       verhindern?“, fragte der SPD-Innenpolitiker Uli Grötsch.
       
       [2][Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur „Anpassung des
       Verfassungsschutzrechts“] sieht vor, dass der Inlands-Geheimdienst die
       verschlüsselte Messenger-Kommunikation direkt an der Quelle, also vor der
       Verschlüsselung, erfassen darf. Hierzu muss er nicht nur eine Spähsoftware
       („Staatstrojaner“) auf dem Smartphone installieren. Diese Software muss
       auch bereits abgespeicherte Nachrichten erfassen können.
       
       Die AfD, die sich und ihr Umfeld als Hauptbetroffene der Maßnahmen sieht,
       warf der Bundesregierung vor, der Verfassungsschutz werde zum
       „Unterdrückungsinstrument“, so der Abgeordnete Jens Meier. Für die FDP warf
       Benjamin Strasser der Koalition vor, sie wolle Sicherheitslücken auf
       Smartphones absichtlich offenlassen und gefährde damit die Sicherheit aller
       Bundesbürger:innen. Der Linke André Hahn warnte vor einem „völlig
       unverhältnismäßigen“ Eingriff und Konstantin von Notz (Grüne) sprach von
       einem „offen verfassungswidrigen Kuckucksei“.
       
       ## Einzelpersonen stärker im Visier
       
       Der Gesetzentwurf sieht neben der Erlaubnis zur Messenger-Überwachung auch
       vor, dass sich der Verfassungsschutz künftig um Einzelpersonen kümmert, die
       nicht Teil von Gruppen sind und noch nicht als gewaltbereit erkannt wurden.
       So sollen Extremisten, die sich selbst im Internet radikalisieren, wie die
       Attentäter von Hanau und Halle, besser entdeckt werden. Zudem soll der
       Datenaustausch zwischen dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) und dem
       Verfassungsschutz verbessert werden.
       
       Der Gesetzentwurf, auf den sich CDU/CSU und SPD schon im letzten Herbst
       geeinigt hatten, lag lange auf Eis. Die SPD blockierte die Befassung im
       Bundestag, weil sich die Unions-Fraktion beharrlich weigerte, einen
       Gesetzentwurf der Bundesregierung für Unternehmenssanktionen auf die
       Tagesordnung zu setzen.
       
       Nach einer Klärung durch die Fraktionsspitzen hat die SPD nun akzeptiert,
       dass mit der CDU/CSU eine stärkere Sanktionierung von rechtswidrig
       handelnden Unternehmen, zum Beispiel im Falle von Steuerbetrug oder
       Schwarzarbeit, nicht zu machen ist. Stattdessen hat die SPD jetzt mit der
       Union vereinbart, dass das Lieferkettengesetz und das
       Betriebsrätestärkungsgesetz noch in dieser Wahlperiode beschlossen werden.
       
       Zum Verfassungsschutz-Recht wird es noch im Mai eine Experten-Anhörung im
       Innenausschuss des Bundestags geben.
       
       7 May 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Reform-des-Verfassungsschutzrechts/!5720366
   DIR [2] http://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2020/0674-20.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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