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       # taz.de -- Aufarbeitung des Vietnamkrieges: Agent-Orange-Klage abgewiesen
       
       > Eine Frau klagte gegen Chemiekonzerne wegen Schäden durch das
       > Vietnamkriegsgift Agent Orange. Ein Gericht erklärte die Klage nun für
       > unzulässig.
       
   IMG Bild: 79-jährige Tran To Nga bei einer Kundgebung Ende Januar in Paris
       
       Paris taz | Eine 79-jährige Französin vietnamesischer Herkunft hat eine
       Niederlage gegen den Bayer-Konzern und andere Chemieriesen erlitten, die
       sie für gesundheitliche Schäden durch das im Vietnamkrieg versprühte
       Entlaubungsmittel Agent Orange verantwortlich macht.
       
       Ein Gericht in Évry bei Paris erklärte sich am Montag für nicht zuständig
       und folgte damit der Argumentation der Anwälte von 14 Chemieunternehmen,
       die damals Agent Orange an das US-Militär geliefert hatten.
       
       Die Firmen hatten geltend gemacht, dass Frankreichs Justiz nicht zuständig
       sei, wenn es um die „Verteidigungspolitik“ eines ausländischen Staates
       gehe. Die Firmen, darunter [1][die heutige Bayer-Tochter Monsanto], hätten
       im Auftrag der US-Regierung gehandelt, als sie für den Vietnamkrieg
       zwischen 1961 und 1971 die dioxinhaltige Chemikalie herstellten.
       
       Die Anwälte von [2][Tran To Nga] kündigten umgehend an, gegen das Urteil in
       Berufung zu gehen. Die Argumentation des Gerichts widerspreche „modernen
       Prinzipien des internationalen und nationalen Rechts“, hieß es in einer
       Pressemitteilung.
       
       Der Anwalt William Bourdon und seine Kollegen machten geltend, dass die
       Chemieriesen den Auftrag nach einer Ausschreibung erhalten hätten, an der
       sie sich freiwillig beteiligt hatten. Zudem hätten sie Agent Orange auf
       eigene Initiative mit noch mehr Dioxin angereichert, als von der Regierung
       verlangt.
       
       Die Anwälte fordern im Berufungsverfahren die gesamte Kommunikation
       zwischen der US-Regierung und den Unternehmen einzubeziehen „und nicht nur
       Bruchstücke, die auf opportunistische Art von den Unternehmen ausgewählt
       wurden“.
       
       Tran leidet als Folge des Erbgut verändernden Herbizids Agent Orange an
       Krebs und Typ-2-Diabetes und hatte bereits zweimal Tuberkulose. Ihre erste
       Tochter verlor sie als Kleinkind durch eine Fehlbildung des Herzens, eine
       weitere Tochter leidet an Asthma.
       
       Während des Krieges war Tran für Nordvietnam als Kriegsreporterin im
       Einsatz. In zehn Jahren versprühte die US-Armee damals mehr als 46
       Millionen Liter Agent Orange. Noch heute werden als Folge des Dioxins Babys
       in der vierten Generation mit Fehlbildungen geboren.
       
       1984 erhielten betroffene US-Veteranen von den Chemiekonzernen in einem
       außergerichtlichen Vergleich 180 Millionen Dollar Entschädigung für
       Krankheiten, die durch die Chemikalie hervorgerufen wurden. Für
       vietnamesische Opfer gab jedoch bisher kein Geld. Ihre Klagen in den USA
       wurden 2005 abgewiesen.
       
       Trans Ziel war es jetzt nicht, eine große Summe zu erhalten, sondern dafür
       zu sorgen, dass das Drama des Agent Orange in der Welt bekannter werde,
       sagte sie der Zeitung Le Monde im Januar.
       
       [3][Ihre Klage] wurde ab 2013 möglich, als Frankreich es erlaubte, auch
       Kriegsverbrechen, Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu
       verfolgen, die außerhalb des Landes verübt wurden.
       
       Die gebürtige Vietnamesin lebt seit 1992 in Frankreich. 2004 nahm sie der
       damalige Präsident Jacques Chirac wegen ihres Engagements in die
       Ehrenlegion auf. Ihre Anwälte hoffen nur, dass Tran trotz ihrer
       gesundheitlichen Probleme das Berufungsverfahren durchsteht, „um ihren
       Kampf zu Ende zu führen.“
       
       10 May 2021
       
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