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       # taz.de -- Boykottaufruf gegen die Linkspartei: Fliegen Oskar und Sahra jetzt raus?
       
       > Lafontaine und Wagenknecht rufen zur Nichtwahl der Linken im Saarland
       > auf. Am Wochenende befasst sich der Parteivorstand mit der Posse.
       
   IMG Bild: Vom Mitgründer zum Spalter: Ex-Vorsitzender Oskar Lafontaine geht gegen die Linke vor
       
       Eine Partei, die taumelt und ein ehemaliger Vorsitzender, der dazu aufruft,
       die taumelnde Partei nicht mehr zu wählen – eigentlich ein klarer Fall für
       einen Parteiausschluss. So wie derzeit bei der Linkspartei. Am Montag hatte
       Oskar Lafontaine angekündigt, dass er und seine Frau Sahra Wagenknecht die
       Linke im Saarland im anlaufenden Bundestagswahlkampf nicht nur nicht
       unterstützen würden. Sie riefen sogar zum [1][Wahlboykott der Linkspartei
       Saar] auf.
       
       In der Berliner Parteizentrale liegen die Nerven seitdem blank. Am
       Wochenende trifft sich der Parteivorstand und will gleich zu Beginn seiner
       Sitzung über den Fall diskutieren. Einen solchen Boykottaufruf könne die
       Partei nicht tolerieren, heißt es dort. Das sei parteischädigend.
       
       [2][Das Parteiengesetz erlaubt in einem solchen Fall] als schärfste
       Maßnahme den Parteiausschluss. Ein Mitglied könne nur dann ausgeschlossen
       werden, wenn es „erheblich gegen Grundsätze der Partei verstößt und ihr
       damit schweren Schaden zufügt“, heißt es da. Die SPD hat auf dieser
       Grundlage Wolfgang Clement und Thilo Sarrazin aus ihren Reihen verbannt.
       Prominente Vorbilder, auf die man sich bei der Linkspartei beruft.
       Rechtlich wäre der Fall also ziemlich klar. Zuständig wäre zunächst die
       jeweilige Landesschiedskommission.
       
       Doch kommunikativ wäre es eine Katastrophe. Ausgerechnet im Wahljahr,
       ausgerechnet in einer Situation, in der die Linkspartei droht, in der
       Bedeutungslosigkeit zu versinken. Bei der [3][Landtagswahl in
       Sachsen-Anhalt] erreichte die Partei einen neuen Tiefststand. Seitdem ist
       klar, dass der Wiedereinzug in den Bundestag scheitern könnte. Umfragen
       prognostizieren ihr sechs bis sieben Prozent für die kommende Wahl.
       
       ## Wer ist der Stärkste im Saarland?
       
       Hinter den Kulissen setzt der Geschäftsführende Parteivorstand also alles
       daran, Lafontaine dazu zu bewegen, seinen Aufruf zurückzunehmen. Lafontaine
       selbst mochte seinen Boykottaufruf am Mittwoch nicht weiter kommentieren.
       Sein Sprecher bestätigte der taz allerdings, dass es Gespräche darüber
       zwischen dem Landtagsfraktionsvorsitzenden und dem Bundesvorstand gebe.
       Deren Ergebnis bleibe abzuwarten.
       
       Lafontaines Aufruf ist weniger inhaltlich, sondern vor allem persönlich
       motiviert. Zwischen ihm und seinem einstigen Mitarbeiter und heutigen
       Landesvorsitzenden Thomas Lutze, [4][herrscht ein Armdrücken um die Macht
       im Landesverband]. Den Machtkampf hatte Lutze zuletzt für sich entschieden,
       als ihn die Mitgliederversammlung zum Spitzenkandidaten auf der Landesliste
       für die Bundestagswahl wählte. Daraufhin forderte Lafontaine, auch im Namen
       seiner Frau, Lutze nicht zu unterstützen, und riet davon ab, der Linken bei
       der Bundestagswahl die Zweitstimme zu geben.
       
       Thomas Lutze teilte der taz mit, dass er und der saarländische
       Landesvorstand kein Ausschlussverfahren gegen Lafontaine anstrebten,
       Wagenknecht sei nicht Mitglied des Landesverbands. Als Landesvorsitzender
       rate er „ausdrücklich davon ab, diesen Konflikt weiter zu eskalieren“. Er
       wisse nichts von möglichen Ausschlussanträgen.
       
       Auch darüber hinaus liegt derzeit kein Ausschlussantrag gegen Wagenknecht
       vor. Die Schiedskommission des dann zuständigen Landesverbands
       Nordrhein-Westfalen teilte der taz mit, es gebe mehrere Anträge, keiner
       davon betreffe Sarah Wagenknecht. Die einstige Fraktionsvorsitzende im
       Bundestag ist Spitzenkandidatin in Nordrhein-Westfalen.
       
       Doch wenn nur eine einzige der 60.000 Genoss:innen, die die Linkspartei
       bundesweit hat, auf eine solche Idee käme, müsste sich die jeweilige
       Landesschiedskommission der Linken wohl damit befassen.
       
       9 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.linksfraktion-saarland.de/
   DIR [2] https://www.gesetze-im-internet.de/partg/BJNR007730967.html#BJNR007730967BJNG000203307
   DIR [3] /Linke-und-SPD-in-Sachsen-Anhalt/!5773118
   DIR [4] /Lutze-fordert-Lafontaines-Ruecktritt/!5775758
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Anna Lehmann
   DIR Christoph Schmidt-Lunau
       
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