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       # taz.de -- Werder Bremen muss in die 2. Bundesliga: Ende eines langen Abstiegs
       
       > Nach 40 Jahren in der Bundesliga wird Werder Bremen zweitklassig.
       > Fallhöhe und Schuldenstand sind hoch, der Vorstand will trotzdem
       > weitermachen.
       
   IMG Bild: Muss nun doch zurück nach Berlin: Werder-Stürmer Davie Selke, glück- und fassungslos
       
       Bremen taz | Um 17:20 Uhr am Samstagnachmittag wurde es still in Bremen.
       Wer sich auch nur entfernt für Fußball interessiert, brauchte einen
       Augenblick, um den unausweichlichen Gedanken an sich heranzulassen: Werder
       ist abgestiegen. Knapp die Hälfte Einwohner:innen ist jünger als 40
       Jahre – sie kennen ihren Klub nur als Mitglied der 1. Bundesliga.
       
       Besonders ruhig war es im Stadion selbst, wo die Mannschaft von Werder
       Bremen gerade mit 2:4 gegen Borussia Mönchengladbach verloren hatte und in
       dem gerade mal 100 Vereinsmitarbeiter:innen saßen. Es fiel nicht
       schwer, sich vorzustellen, dass auch 40 000 Menschen für Momente regungslos
       geblieben wären. Das Einzige, was die Stille durchbrach, war der Tritt, mit
       dem Kevin Möhwald auf dem einsamen Gang in die Kabine eine Wasserkiste
       umtrat.
       
       Noch fünf Minuten vorher hatte die leise Hoffnung geglimmt, Werder könne
       sich [1][wie im vergangenen Jahr] mit fremder Hilfe in die [2][Relegation]
       retten. Aber der 1. FC Köln erzielte kurz vor dem Abpfiff noch das eine
       Tor, mit dem er in der Tabelle an Werder vorbeizog.
       
       Bei allem Zittern, Mitfiebern und der Unterstützung, die der Werder-Anhang
       außerhalb des Stadions auch diesmal wieder auf die Beine stellte, hatte das
       Ergebnis fast etwas Folgerichtiges. Die letzte Überzeugung, den Gang der
       Dinge auch diesmal aufzuhalten, konnte der Anhang der seit Wochen
       verunsicherten Mannschaft diesmal nicht mehr vermitteln. Zehn Jahre
       Abstiegskampf haben ihre Spuren hinterlassen.
       
       ## Aus der Champions League stetig abwärts
       
       Es gibt verschiedene Ansichten, wann der Abstieg begonnen hat. Schon vor
       zehn Jahre, mit dem erstmaligen Verpassen der Champions-League, oder doch
       erst mit dem Abgang von Max Kruse, mit dem Werder vor drei Jahren nochmal
       an den europäischen Fleischtöpfen schnuppern konnte? Unbestritten ist, dass
       Werder schon länger zu dem Dutzend Bundesliga-Klubs gehört, die sich
       aufgrund ihrer beschränkten finanziellen Möglichkeiten keinen Fehler
       erlauben dürfen.
       
       Vermieden hatte man immerhin lange den Fehler anderer Traditionsklubs wie
       dem HSV oder Schalke 04, sich mit geliehenem Geld die möglichst schnelle
       Rückkehr an die Spitze erkaufen zu wollen. Zu teuren Panikkäufen wie der
       durch den Abstieg nun beendeten Rückholaktion von Davie Selke kam es erst
       in [3][der vergangenen Saison], die im Nachhinein zu leichtfertig als
       Betriebsunfall abgetan wurde.
       
       Zu sicher war man sich in der Klubführung, mit Trainer Florian Kohfeldt
       eine Konstellation geschaffen zu haben, mit der man auch die Abgänge von
       zwei der stabilsten Säulen, Davy Klaassen und Kevin Vogt, kompensieren
       könnte.
       
       Ein Plan, der bis zum 24. Spieltag, als Werder 11 Punkte vom Abstiegsplatz
       entfernt war, aufging. Der [4][Erosionsprozess begann] genau in dem
       Augenblick, als Mannschaft und Umfeld sich mental vom Abstiegskampf
       verabschiedeten und begannen, von besserem Fußball zu träumen.
       
       ## Letzter Strohhalm Thomas Schaaf
       
       Die Klubführung redete die Situation lange schön und lavierte am Saisonende
       unentschlossen in der Trainerfrage herum. Bis sie der Mannschaft zum
       letzten Spieltag Klub-Ikone Thomas Schaaf [5][als letzten Strohhalm
       reichte]. Doch da war keiner auf dem Platz, der ihn hätte greifen können.
       
       Die Fallhöhe ist groß: Nicht nur, dass wie beim HSV und Schalke 04 die
       Erinnerung an vergangene Erfolge den Blick darauf verstellt, dass man in
       der 2. Liga genau da ist, wo man im Augenblick hingehört. Parallel zum
       sportlichen Niedergang hat Werder 75 Millionen Euro an Verbindlichkeiten
       angehäuft. Zusammen mit dem drastischen Einnahmeverlust in der 2. Liga
       ergibt sich eine wirtschaftliche Situation, die sogar Ängste wachruft, der
       Klub könne noch tiefer fallen.
       
       Offen ist, wie die Klubführung personell aus dieser Situation herauskommt.
       Der Vorstand um Sportchef Frank Baumann will bleiben, aber als der Lärm in
       die Stadt zurückkehrte, forderten die Fans vorm Stadion lautstark dessen
       Rücktritt. Der Aufsichtsrat um Marco Bode muss sich im Sommer der
       Wiederwahl stellen, eine Oppositionsgruppe hat sich bereits formiert. Der
       viel beschworenen Werder-Familie, die in den letzten Jahrzehnten vieles
       geräuschlos intern geregelt hat, droht der größte Krach seit 40 Jahren.
       
       23 May 2021
       
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   DIR Ralf Lorenzen
       
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       Werder-Bremen-Berichterstattung von der Deichstube GmbH. Das ist kurios.