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       # taz.de -- Berlins Kultursenator über Restitution: „Diese Stücke sind geklaut“
       
       > In der Debatte über Raubkunst in Museen muss der Druck aufrechterhalten
       > werden, fordert Klaus Lederer (Linke) bei der Bilanz seiner Amtszeit.
       
   IMG Bild: Klaus Lederer im Berliner Abgeordnetenhaus
       
       Berlin taz | Kultursenator Klaus Lederer (Linke) fordert in der Debatte
       über koloniale Raubkunst in Museen eine umfassende Rückgabe der Objekte.
       „Diese Stücke sind geklaut, sie gehören uns nicht“, erklärte Lederer am
       Freitag vor Journalisten. Eine Ausstellung solcher Objekte, deren
       berühmteste aktuell die [1][Benin-Bronzen sind], könne höchstens als
       Leihgabe erfolgen. Lederer kritisierte zudem die Museen, die teilweise
       nicht wüssten, welche Exponate in ihren Depots liegen. „Das ist ein
       Trauerspiel.“ Das gesamte Inventar müsste endlich erfasst und zudem
       digitalisiert werden.
       
       Mitte Juli soll das vom Bundestag finanzierte [2][Humboldt Forum auf dem
       Schlossplatz] eröffnet werden. Die Planungen für die Ausstellungen im
       Retroschloss waren von Anfang an überschattet von der Kontroverse um den
       Umgang mit Raubkunst aus einstigen Kolonien europäischer Länder, die in
       vielen Sammlungen Berliner Museen zu finden ist.
       
       Zuletzt habe sich die Debatte in Deutschland dahin bewegt, sich dieser
       Verantwortung zu stellen, so Lederer. Allerdings müsse der Druck
       aufrechterhalten werden, sonst drohe die Diskussion wieder in Vergessenheit
       zu geraten, so Lederer. Der Kultursenator zog am Freitag eine Bilanz seiner
       Amtszeit; am 26. September wird in Berlin gewählt. Lederer ist auch
       Spitzenkandidat der Linken. Die Restitutionsdebatte hat ihn die gesamte
       Legislatur begleitet.
       
       Seine Amtszeit sei zweigeteilt gewesen, sagte Lederer: In eine Phase vor
       dem 11. März 2020 und eine danach. An jenem Tag hatte der Senator die
       Kultureinrichtungen „gebeten“, wegen der Coronapandemie zu schließen.
       „Dieser Tag war der schwärzeste Tag meiner Amtszeit“, so Lederer im
       Rückblick.
       
       In der Zeit danach sein ihm verstärkt deutlich geworden, wie fragil und
       anfällig Kultur auf äußere Einflüsse sei. Er habe deswegen versucht, mit
       Millionenhilfen und Sonderprogrammen die Berliner Kulturlandschaft vor dem
       Verschwinden zu bewahren, unter anderem mit der Soforthilfe II für rund
       200.000 Soloselbstständige, darunter viele Kulturschaffende, und sie für
       die Zukunft mit und nach Corona fit zu machen, etwa mit 20 Millionen Euro
       Hilfen für neue Lüftungsanlagen.
       
       Allerdings sei es „viel einfacher, Kultureinrichtungen zu schließen, als
       sie sukzessive wieder zu öffnen“, zumal für manche Bereiche wie Clubs
       bisher keine vollen Öffnungsperspektiven erkennbar seien. Lederer geht
       davon aus, dass auch über dieses Jahr hinaus finanzielle Unterstützung
       notwendig sein wird und zudem Anschubfinanzierung für private Einrichtungen
       und Häuser. Zugleich machte er Hoffnung für die nächsten Wochen und Monate:
       „Das wird ein Kultursommer, wie ihn Berlin noch nicht gesehen hat.“
       
       ## Aufarbeitung an der Volksbühne
       
       Eine weiteres Dauerthema der letzten viereinhalb Jahre sei der
       Machtmissbrauch in Kultureinrichtungen gewesen, etwa in der Gedenkstätte
       Hohenschönhausen oder zuletzt die Missbrauchsvorwürfe an der Volksbühne,
       die nach Aufdeckung durch die taz zum Rücktritt des Intendanten Klaus Dörr
       geführt hatten. Er sei überrascht gewesen, „angesichts der Vielzahl der
       Baustellen“, so Lederer. Er erneuerte deswegen seine Ermunterung an
       Betroffene, „raus aus der Deckung zu kommen“.
       
       An der Volksbühne sei es nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe Mitte März
       unter Hilfe zweier Mediator*innen zu einem Aufarbeitungsprozess
       gekommen, der „nicht einfach und nicht schmerzfrei“ gewesen sei.
       
       11 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Bert Schulz
       
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   DIR René Pollesch
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