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       # taz.de -- Bundestag beschließt Lieferkettengesetz: „Nie wieder Rana Plaza“
       
       > 2013 stürzte das Produktionsgebäude in Bangladesch ein, mehr als 1.100
       > Näher:innen starben. Nun hat der Bundestag das Lieferkettengesetz
       > beschlossen.
       
   IMG Bild: Demonstration für die Rana-Plaza-Opfer in Dhaka, Bangladesch, im August 2014
       
       Berlin taz | Neun Jahre hat es gedauert [1][bis zu diesem Gesetz]. 2012
       brannte die Textilfabrik Ali Enterprises in Pakistan ab. 262
       Arbeiter:innen starben. Das Produktionsgebäude Rana Plaza in
       Bangladesch stürzte 2013 ein, über 1.100 Näher:innen kamen um. Sie
       arbeiteten auch für deutsche Firmen. Am Freitag hat der [2][Bundestag] nun
       das Lieferkettengesetz beschlossen, das solche Katastrophen künftig
       verhindern soll.
       
       „Nie wieder Rana Plaza“ – so leitete Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU)
       seine Rede im Parlament ein. Er hat sich zwei Legislaturperioden lang für
       die Regulierung der Globalisierung stark gemacht. Der Bundestag nahm das
       Gesetz mit 412 gegen 159 Stimmen an. Union, SPD und Grüne stimmten
       überwiegend dafür, FDP und AfD dagegen. Die 59 Enthaltungen stammten eher
       von den Linken.
       
       Damit müssen sich große Unternehmen bald mehr darum kümmern, dass die
       Menschenrechte der Beschäftigten in ihren ausländischen Zulieferfabriken
       gewahrt sind. Kinderarbeit soll unterbunden, ausreichender Lohn und
       Arbeitssicherheit durchgesetzt werden. Verstoßen die Firmen dagegen, kann
       das Bundesamt für Wirtschaft Bußgelder verhängen. Gewerkschaften oder
       Entwicklungsorganisationen können im Namen geschädigter Arbeiter:innen
       vor deutschen Gerichten klagen.
       
       Die Fabrikunfälle lösten in ganz Europa große Empörung aus. Frisch im Amt
       des Entwicklungsministers, schob Müller als erstes das Textilbündnis an,
       eine freiwillige Kooperation zwischen Staat, Firmen und
       zivilgesellschaftlichen Organisationen zur Verbesserung der
       Arbeitsbedingungen in den Bekleidungsfabriken Asiens, Afrikas und
       Lateinamerikas.
       
       ## Wirtschaftsministerium sträubte sich
       
       Daraus entstand nach einigen Jahren der Grüne Knopf, ein staatlich
       garantiertes Textilsiegel für nachhaltige Kleidung, das man mittlerweile in
       einigen Geschäften findet. Organisationen wie Germanwatch, Misereor oder
       Brot für die Welt unterstützten diese Prozesse, forderten aber immer auch
       verbindliche, gesetzliche Regelungen.
       
       Dagegen sträubte sich vor allem das Wirtschaftsministerium unter Peter
       Altmaier (CDU) massiv. Auch [3][Firmenverbände] wie BDI, BDA, Gesamtmetall
       und Textil&Mode bekämpften das Gesetz noch auf den letzten Metern. Die
       Kritik: Es sei unmöglich, tausende Zulieferer weltweit zu kontrollieren.
       
       Die Koalition reagierte, indem sie einen Großteil der Verantwortung auf die
       unmittelbaren Lieferanten begrenzte. Außerdem fürchtete die Wirtschaft,
       bald ständig auf Entschädigungen verklagt zu werden. So fügten Union und
       SPD noch vergangene Woche den neuen Passus ein, dass das Lieferkettengesetz
       „keine“ zusätzliche „zivilrechtliche Haftung begründe“.
       
       Während das Gesetzesverfahren hierzulande nun abgeschlossen ist, dürfte es
       auf europäischer Ebene bald weitergehen. EU-Kommissar Didier Reynders
       arbeitet an einem europäischen Lieferkettengesetz. Dieses würde dann nicht
       nur für in Deutschland tätige und ansässige Firmen gelten, sondern für alle
       Unternehmen des Kontinents. Der deutsche Text stellt eine wichtige Vorlage
       dar. Aber auch die Lobbyschlachten werden sich in Brüssel wiederholen.
       
       11 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bundestag-debattiert-Entwurf/!5762466
   DIR [2] https://lieferkettengesetz.de/
   DIR [3] /Verbandspraesident-zum-Lieferkettengesetz/!5708163
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hannes Koch
       
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