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       # taz.de -- Bundeskongress in Linz: Ösi-Grüne stabilisieren sich
       
       > Die Partei samt Vizekanzler Werner Kogler präsentiert sich beim
       > Bundeskongress gut gelaunt. Sie profitiert von Kanzler Kurz'
       > Beliebtheitsverlust.
       
   IMG Bild: Vizekanzler und Grünen-Parteichef Werner Kogler bei einer Abstimmung am Sonntag in Linz
       
       Wien taz | Österreichs Grüne haben wieder Aufwind. Den wollen sie nutzen,
       um den großen Koalitionspartner ÖVP unter Druck zu setzen und die Gunst der
       eigenen kritischen Basis zurückzugewinnen. Dafür war am Sonntag der
       Bundeskongress in Linz der Schauplatz.
       
       Dort wurde vor 300 Delegierten Optimismus und Zuversicht zelebriert.
       Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler präsentierte sich als Mann, der
       dafür sorgt, dass die grünen Anliegen auch gegen die konservative ÖVP immer
       wieder durchgesetzt werden können.
       
       Der Augenblick ist günstig. Während die Umfragewerte für Bundeskanzler
       Sebastian Kurz und seine Partei sinken, haben sich die Grünen stabilisiert.
       Nicht zuletzt, weil Kogler und Justizministerin Alma Zadić sich schützend
       vor die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft stellen, die gegen
       mehrere hochrangige ÖVP-Mitglieder ermittelt, allen voran den
       [1][Bundeskanzler selbst] und Finanzminister Gernot Blümel.
       
       Was der Untersuchungsausschuss zu den Altlasten der ÖVP-FPÖ-Regierung
       zutage fördert, ist für die Kanzlerpartei peinlich oder sogar
       strafrechtlich relevant.
       
       ## „Radikale Ziele realistisch umsetzen“
       
       In den bisher 17 Monaten der Koalition mussten die Grünen erleben, wie ihr
       Partner keine Gelegenheit zu einem Foul auslässt, wie der Kanzler es
       versteht, jeden Erfolg auf sein Konto zu verbuchen und für jeden Misserfolg
       andere verantwortlich zu machen.
       
       Und die Grünen wurden von ihrer Wählerschaft geprügelt, weil sie die
       Regierung nicht platzen ließen, als i[2][n Österreich geborene Schulkinder
       abgeschoben] wurden, weil kein einziger Flüchtling von den überfüllten
       griechischen Lagern ins Land geholt werden durfte und weil Kurz in der EU
       den Sparmeister gab, um die gemeinsame Coronahilfe zu blockieren.
       
       Kogler ließ sich jetzt den Leidensdruck nicht anmerken. Gut gelaunt betonte
       er sein persönlich gutes Verhältnis zum Kanzler und zählte auf, was die
       Grünen unter der Devise „Radikale Ziele realistisch umsetzen“ alles durch-
       und umgesetzt hätten. Vor allem auf dem Gebiet, das die Partei als
       Kernkompetenz beansprucht: Etwa das Ziel, bis 2040 die Klimaneutralität zu
       erreichen.
       
       Dabei versprach Kogler, Lebensqualität und Wohlstand müssten nicht
       beeinträchtigt werden: „Ich bin ja nicht von der Sadomasotruppe. Wir sind
       eine politische Organisation, die das Glück der meisten Menschen erhöhen
       soll.“
       
       ## Vor Jahresende noch das 1-2-3-Ticket
       
       Über 100.000 Arbeitsplätze würden dank der von Umweltministerin Leonore
       Gewessler vorangetriebenen Projekte aus dem Boden sprießen. Fliegen werde
       teurer, aber Bahnfahren billiger. Noch vor Jahresende soll das 1-2-3-Ticket
       kommen, das für 3 Euro täglich die Nutzung aller öffentlichen
       Verkehrsmittel des Landes ermöglicht. Ausgehend von Wien werde das
       Nachtzugsystem dank Förderung eine Renaissance erleben: „Nachtzug statt
       Kurzflug!“
       
       Auch auf sozialem Gebiet habe man einiges erreicht. Von der Mindestrente
       von 1.000 Euro über Zuschüsse zum Arbeitslosengeld in der Coronakrise bis
       zur Initiative gegen Lebensmittelverschwendung. Nicht zuletzt ist da die
       Vervierfachung des Auslandskatastrophenfonds und die Steigerung der
       Entwicklungszusammenarbeit.
       
       Die nach dem letzten Bundeskongress neu dazugekommenen Regierungsmitglieder
       Andrea Mayer (Kultur) und Wolfgang Mückstein (Gesundheit und Soziales)
       wurden einstimmig bestätigt.
       
       Kogler muss sich erst 2022 zur Wiederwahl stellen. Mit Vorwürfen, als
       Steigbügelhalter einer erzkonservativen Partei für erzkonservative Politik
       zu dienen, musste er sich daher jetzt nicht auseinandersetzen, zumindest
       nicht im medienöffentlichen Teil.
       
       13 Jun 2021
       
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