# taz.de -- Drama um Dänen Christian Eriksen: Fadenscheinige Begründungen
> Der dänische Spieler Christian Eriksen kollabiert während des EM-Spiels
> gegen Finnland. Trotzdem wird weitergespielt. Das ist geschmacklos.
IMG Bild: Abtransport des Wiederbelebten: der Däne Christian Eriksen hinter Sichtschutz auf einer Trage
Sie haben dann einfach weitergemacht, ja wirklich. Keine zwei Stunden
später rollte der Ball wieder. Das ist kaum zu glauben. Die Ärzte hatten
mit allen Mitteln [1][um Christian Eriksens Leben gekämpft], zeitweilig sah
es verdammt schlecht aus, und allzu eifrige Wikipedianer vermeldeten schon
das Ableben des Dänen. Seine Mannschaftskameraden erlebten das Drama
hautnah, weil sie einen menschlichen Paravent um den Kollabierten gebildet
hatten.
Wenn Fernsehzuschauer und Stadionbesucher schon vor Erschütterung in
Schockstarre fielen, wie muss es dann erst jenen gegangen sein, die mit dem
Offensivspieler an diesem Tag noch am Frühstückstisch gesessen haben. Kurz:
Dieses Spiel hätte nie und nimmer wieder angepfiffen werden dürfen – egal
welche fadenscheinigen Begründungen herangezogen wurden, von wem auch
immer.
Auch ein hochkommerzialisierter Betrieb wie der Fußball braucht nach so
einem markerweichenden Ereignis, bei dem das Leben eines Spielers auf der
Kippe steht, einen Moment der Einkehr und des pietätvollen Verharrens. Es
kann in so einem Fall nicht einfach weitergehen. Spielern, Fans, Trainern
und Verantwortlichen muss Zeit gegeben werden, um sich zu sammeln, um ihre
Emotionen zu verarbeiten.
## Die Psyche braucht Zeit
Was aber passierte? Es wurde viel zu eilig über eine Fortsetzung
diskutiert. Sobald Eriksen – Gott sei Dank – die Augen aufschlug, war das
offensichtlich Option Nummer eins. Numero zwei: eine Fortsetzung am
Folgetag. Das ist nicht weniger absurd, weil auch dieser Termin einen
unnötigen Zeitdruck erzeugt hätte. Die Begründung, Eriksen hätte das
Weiter-so von seinem Krankenbett aus gutgeheißen, taugt nicht, denn der
Patient darf nach dem Geschehen als nicht zurechnungsfähig gelten.
Ihn, der gar nicht einschätzen kann, mit welcher Wucht die furchtbar
aufwühlenden Bilder in die Welt geschleudert wurden, als legitimierenden
Kronzeugen heranzuziehen, erscheint mindestens genauso geschmacklos wie der
Wiederanpfiff. Hier hätte die Uefa und/oder die dänische Mannschaftsleitung
Verantwortung übernehmen müssen. Man fragt sich unweigerlich, was
eigentlich noch passieren muss, damit das Räderwerk des Fußballs mal einen
Moment lang ruht?
Die Dänen standen dann verständlicherweise neben sich und verloren das
Spiel gegen Finnland. Womöglich wollten sie in irgendeiner Weise heroisch
sein und für Eriksen spielen – für sein Wohl und seine Genesung. Aber die
menschliche Psyche braucht Zeit, um Traumata zu verarbeiten, sie ordnet
sich nicht einem Pragmatismus von Spielplanern unter und auch nicht dem von
Fernsehmachern.
Aber der Fußball war und ist speziell. [2][Nach der Katastrophe im
Heysel-Stadion] mit 39 Toten wurde das Spiel zwische Juve und Liverpool
auch fortgesetzt. Immerhin gegen den erklärten Willen vieler Spieler.
13 Jun 2021
## LINKS
DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=w-_14jn45GQ
DIR [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Katastrophe_von_Heysel
## AUTOREN
DIR Markus Völker
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