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       # taz.de -- Corona in Großbritannien: Warten auf den „Freedom Day“
       
       > In Großbritannien steigen die Infektionen wieder. Die Regierung dürfte
       > das Ende jeglicher Corona-Maßnahmen um 4 Wochen verzögern.
       
   IMG Bild: London: Mit der geplante Aufhebung der Coronaschutzmaßnahmen am 21. Juni wird es wohl nichts
       
       London taz | Während in Cornwall zum [1][G7-Gipfel am Wochenende]
       geselliges Grillen am Strand für die Spitzenpolitiker*innen der Welt
       ohne Maske auf der Tagesordnung stand, wurde es am gleichen Wochenende im
       Vereinigten Königreich ernst. Immer offensichtlicher wurde, dass die
       geplante Aufhebung jeglicher noch geltender Coronaschutzmaßnahmen am 21.
       Juni sich höchstwahrscheinlich um vier Wochen verschieben wird, auf den 19.
       Juli.
       
       Noch vor einer erwarteten offiziellen Ankündigung des Premierministers
       Boris Johnson am Montagabend stand das schon so am Montagmorgen in allen
       britischen Zeitungen. Es gehe um ein „letztes Mal“, wird Johnson zitiert.
       
       Zur Verlängerung der Kontaktbeschränkungen kommt es aufgrund der ansteigen
       Reproduktionsrate [2][der neuartigen Delta-Variante des Covid-19-Virus],
       sie liegt zwischen 1,2 und 1,4 und bereitet Premierminister Johnson, wie er
       angab, „ernsthafte Sorgen“. Die „indische“ Coronavirusvariante, wie sie
       auch genannt wird, weil sie zuerst in Indien identifiziert wurde, ist laut
       Experten 60 Prozent ansteckender als die Alpha-Variante, die international
       als „englische“ Variante bekannt wurde und in England Kent-Variante heißt.
       
       Mit einer 57-prozentigen wöchentlichen Anstiegsrate, in manchen Teilen des
       Landes verdoppeln sich die Neuinfektionen sogar alle 4,5 Tage, steht das
       Vereinigte Königreich vor einer dritten Welle der Pandemie. Am Sonntag
       wurden 7.490 Neuinfektionen gemeldet, über 2.000 mehr als eine Woche davor.
       Es wurden acht Covid-19-Todesfälle gemeldet; eine Woche zuvor waren es
       vier. 1.089 Menschen werden derzeit wegen Covid-19 stationär behandelt, 129
       mehr als eine Woche davor; 158 darunter werden künstlich beatmet, ein
       Anstieg von 13.
       
       Die meisten Betroffenen sind diesmal jüngere Menschen. Wer zweimal geimpft
       ist, ist vor einer Erkrankung größtenteils geschützt. In Großbritannien
       sind das fast 30 Millionen Menschen, rund 45 Prozent der Bevölkerung.
       
       In Großbritannien wird seit Beginn der Impfkampagne im Dezember 2020 nach
       Altersgruppen geimpft, von den Ältesten abwärts; derzeit sind in England
       die 25-Jährigen aufgerufen, und eine Zulassung für Kinder ab 12 Jahren
       lässt annehmen, dass die Impfkampagne nicht mit den 18-Jährigen haltmachen
       wird. In Wales und Nordirland können sich Menschen schon ab 18 Jahren
       impfen lassen, in Schottland ab 30 Jahren.
       
       ## „Data, not dates“
       
       Eine Verlängerung der letzten Coronarestriktionen um vier Wochen würde
       mehreren Millionen Menschen mehr den vollen Impfschutz bieten. Der 21. Juni
       war bisher der vierte und letzte Lockerungstermin eines Stufenplans, der am
       8. März begonnen hatte, als erstmals wieder Treffen mit einer Person
       außerhalb des eigenen Haushalts erlaubt wurden.
       
       Den 21. Juni stellte die Regierung als „Freedom Day“ in Aussicht, ab dem
       gar keine Einschränkungen mehr gelten – hierfür benutzen britische
       Politiker*innen den gleichen Begriff wie für den Brexit.
       
       Man müsse dies nun doch noch einmal verschieben, damit dieser Schritt
       wirklich „unumkehrbar“ sein könne, heißt es nun. Johnson hatte beim
       Ausrufen des zweiten Lockdowns im vergangenen Jahr erklärt, dass die
       Schritte zur Beendigung aller Coronaschutzmaßnahmen nicht im Zusammenhang
       mit einem Datum festgelegt werden würden, sondern mit wissenschaftlichen
       und medizinischen Daten: „Data, not dates.“
       
       ## Kritik aus der Geschäftswelt
       
       Worum es bei der Verlängerung eigentlich geht, ist das Weitergelten aller
       noch gültigen [3][covidbedingten Schutzmaßnahmen]. Es wären vor allem Orte
       betroffen, wo sich große Menschengruppen ansammeln, darunter Theater,
       Nachtclubs und Hotels. Außerdem bedeutet es, dass Brit*innen weiterhin
       von zu Hause arbeiten sollen, wenn sie es können. Die meisten Restaurants,
       Theater, Läden und Sportklubs sind bereits offen und können weiterhin
       offenbleiben.
       
       Kritik kommt aus Interessenverbänden der Geschäftswelt. Denn während die
       Einschränkungen verlängert werden, wird ab 1. Juli das
       Unterstützungsprogramm für betroffene Unternehmen, manche erhalten einen
       hundertprozentigen Ausgleich für Einnahmeausfälle, teilweise
       zurückgefahren.
       
       Aus den rechts-libertären Rängen seiner Partei kann Boris Johnson mit
       Missmut und Gegenstimmen bei einer parlamentarischen Abstimmung im Verlauf
       dieser Woche rechnen. Da ist ein Zugeständnis der Regierung im Gespräch:
       Der Premierminister, der erst vor Kurzem selber seine neue Lebensgefährtin
       Carrie Symonds geheiratet hat, soll eine Aufhebung der Beschränkung der
       legalen Gästezahl für Hochzeiten erwägen.
       
       14 Jun 2021
       
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       ## AUTOREN
       
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