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       # taz.de -- Friederike Mayröcker ist tot: In Engelszungen schreiben
       
       > Für ihr aktuelles Buch wurde Friederike Mayröcker noch gefeiert. Nun ist
       > die Wiener Schriftstellerin im Alter von 96 Jahren gestorben.
       
   IMG Bild: Erhielt 2001 den Büchnerpreis: Friederike Mayröcker ist 96-jährig in Wien verstorben
       
       Berlin taz | Ihre Wiener Wohnung war legendär. Notizbücher, Zettel, Bücher,
       gestapelt bis zur Decke in den Regalen, auf dem Tisch, in Wäschekörben, auf
       dem Fußboden, so dass die Menschen, die sie porträtierten und besuchten,
       kaum noch durchkamen. Und zwischendrin saß sie dann, Friederike Mayröcker,
       schwarze Haare, schwarze Kleidung, wacher Blick bis ins hohe Alter, auf
       manchen Fotos auch inmitten dieses Meers an Notizen auch schmelmisch
       lächelnd, eine Bewohnerin der Schrift.
       
       Auf ihren vielen Zetteln hielt sie Zwiesprache mit ihren Einfällen und mit
       den Klassikern, Christine Lavant, Francis Ponge und Samuel Beckett sind
       Bezugsgrößen, musikalisch Bach, Rameau und Schubert, an Jacques Derrida hat
       sie sich viel abgearbeitet, und im Band „Pathos und Schwalbe“ träumt sie
       davon, in Engelszungen zu reden.
       
       Die Anzahl der Bücher, die sie im Verlauf von sieben Jahrzehnten
       geschrieben hat, darunter auch einige Hörspiele zusammen mit ihrem
       Lebensgefährten Ernst Jandl, ist unübersehbar. Für ihr aktuelles Buch „da
       ich morgens und moosgrün. Ans Fenster trete“ hat sie viel Aufmerksamkeit
       bekommen.
       
       „Entscheidend ist, dass diese Geflechte aus psychodynamischen Strömen nach
       außen hin keinerlei Zweifel darüber aufkommen lassen, dass sie nach
       ästhetischen Kriterien geformt sind“, schrieb im Vorfeld des Leipziger
       Buchpreises, auf dessen Shortlist sie gerade eben noch stand, der Autor
       [1][Klaus Kastberger in der taz] zu dem Band, und weiter: „Das schiebt den
       Unsäglichkeiten traditioneller Befindlichkeitsdiskurse hier von vornherein
       einen Riegel vor. Die vielen Bücher der Autorin sind keine Haufen lose
       hingeworfener Assoziationen. Ganz im Gegenteil: Erst in der Striktheit, mit
       der hier Formprinzipien eingelöst werden, greift Mayröcker ihrer
       Leserschaft ans Herz.“
       
       1924 wurde Friederike Mayröcker geboren. In den frühen fünfziger Jahren kam
       sie in Kontakt zur Wiener Gruppe um H.C. Artmann und Gerhard Rühm. 1969
       ließ sich sie sich von ihrer Arbeit als Lehrerin freistellen und lebte von
       da an als freie Autorin. 2001 bekam sie den Büchnerpreis. Am Freitag ist
       Friederike Mayröcker im Alter von 96 Jahren in Wien gestorben. (drk)
       
       4 Jun 2021
       
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