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       # taz.de -- Wahlkampf in Sambia: „Mickey Maus“ sorgt für Unruhen
       
       > In Sambia sind wegen der Coronapandemie Wahlkundgebungen verboten. Das
       > heizt das politische Klima in dem Land weiter an.
       
   IMG Bild: Sambia: Präsident Edgar Lungu verhängte wegen der Covid-19-Pandemie ein Wahlkampfverbot
       
       Lusaka taz | Ein angeblicher Mordanschlag auf den wichtigsten
       Oppositionsführer durch die Polizei und Aktivisten im Krankenhaus nach
       Gewaltvorfällen – Sambia, eigentlich eines der stabilsten Länder Afrikas,
       steht am Rande des Chaos kurz vor den Wahlen am 12. August.
       
       Auslöser der Eskalation ist das Wahlkampfverbot, das [1][Präsident Edgar
       Lungu] am Mittwoch vergangener Woche wegen der Covid-19-Pandemie verhängte.
       „Was bringen Wahlkampfversammlungen, wenn man damit das Leben unserer
       Bürger und Wähler opfert?“ fragte der Präsident, der sich im August mit
       seiner PF (Patriotic Front) zur Wiederwahl stellt.
       
       Oppositionsführer Hakainde Hichilema von der UPND (United Party for
       National Development) nannte das eine „Mickey-Maus-Entscheidung“ und warf
       Lungu vor, seine Gegner am Kontakt mit der Öffentlichkeit hindern zu
       wollen. „Lungu hat Angst vor den Menschenmassen, die zu unseren
       Versammlungen kommen werden“, sagte Ernest Mwansa, Kovorsitzender der
       UPND-Wahlallianz. „Er weiß genau, dass unsere Versammlungen die der PF in
       den Schatten stellen werden.“
       
       Am Sonntag organisierte die Opposition trotz Versammlungsverbot eine
       Kundgebung im Rahmen eines Gottesdienstes in Sambias zweitgrößter Stadt
       Chingola. Als Hichilemas Autokonvoi ankam, setzte die Polizei Tränengas ein
       und eröffnete das Feuer mit scharfer Munition. Das sei ein „klarer
       Mordversuch“ auf Anweisung des Präsidenten gewesen, sagte daraufhin
       UPND-Allianzvorsitzender Charles Milupi und warnte, die Opposition werde
       sich so etwas nicht länger bieten lassen.
       
       ## Zeichen stehen auf Polarisation
       
       „Seit einiger Zeit spielt die PF mit uns wie mit einem Spielzeug“, sagte
       er. „Vielleicht weil wir Sambier uns so friedlich verhalten. Ich gebe diese
       Warnung: Wir werden nicht zulassen, dass Herrn Hichilema irgendein Schaden
       zugefügt wird. Sollte Herr Lungu weiter das Leben von Herrn Hichilema
       bedrohen, wird die UPND-Allianz keine andere Wahl haben, als zu
       landesweiten Demonstrationen aufzurufen.“ Hichilemas Vize Mutale Nalumango
       fügte hinzu: „Wir können nicht zusehen, wie Lungu die Verfassung
       vergewaltigt.
       
       Die regierende PF reagierte scharf. „Dies ist nicht nur unverantwortlich
       und hetzerisch, sondern kann im Land Anarchie und Unruhe herbeiführen“,
       sagte PF-Sprecher Antonio Mwanza. „Das passt zur UPND-Strategie: zum einen
       verzweifelt nach öffentlichem Mitleid streben, zum zweiten Unruhe und
       schlechte Stimmung herbeiführen.“ Die Bevölkerung solle „aufstehen und
       diesen verantwortungslosen und sehr gefährlichen Weg verurteilen“.
       
       Dass beide großen Parteien nun direkt an Sambias 18 Millionen Einwohner
       appellieren, gegen den Gegner in Aktion zu treten, ist ein schlechtes
       Zeichen. UPND und PF sind beide aus der MMD (Movemnent for Multiparty
       Democracy) hervorgegangen, die Anfang der 1990er Jahre dem Einparteienstaat
       ein Ende setzte und sich später spaltete.
       
       Die PF regiert seit 2011, als ihr damaliger Führer Michael Sata zum
       Präsidenten gewählt wurde; Lungu, ein ehemaliger Justiz- und
       Verteidigungsminister, folgte auf Sata 2015 nach dessen Tod, und Kritiker
       werfen ihm vor, Sambia in einen autoritären Staat zu verwandeln. Bei den
       letzten Wahlen 2016 setzte er sich nur ganz knapp gegen Hichilema durch und
       [2][ging scharf gegen dessen Anhänger vor], nachdem es zu verbreiteten
       Unruhen kam. Die anstehende Neuauflage dieser Konfrontation bedeutet, dass
       die Wahl 2021 als die polarisierteste seit Sambias Unabhängigkeit 1964
       gilt. Sie findet in einem Kontext des Staatsbankrotts und [3][zunehmender
       Armut] statt.
       
       Berichten zufolge erwägt die Regierung inzwischen, die Wahl zu verschieben.
       Derweil hat die Polizei Fahrzeugkontrollen intensiviert, um die Verbreitung
       von Schusswaffen in Vorbereitung auf mögliche Unruhen zu stoppen. Im
       Copperbelt, der Bergbauregion im Zentrum des Landes, wurden drei
       PF-Unterstützer bei Unruhen verletzt; einer befindet sich auf der
       Intensivstation.
       
       10 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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   DIR Arnold Mulenga
       
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