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       # taz.de -- Die Wahrheit: Monsterviren pupsen nicht!
       
       > In Sibirien sollen neue Viren gesichtet worden sein. Die Dorfgemeinschaft
       > ist außer sich, hat aber ein paar zündende Ideen.
       
       Achttausendmal so groß?!“ Raimund nickte. Er hatte eine Fernsehsendung über
       den Klimawandel in den sibirischen Tundren gesehen und erfahren, dass die
       auftauenden Permafrostböden außer Klimakillergasen auch Monsterviren
       freisetzten, gegen die ihre Coronakollegen harmlose Zwerge wären.
       
       „Jahrtausendelang waren die Biester im Eis eingeschlossen, unser
       Abwehrsystem kennt solche Feinde überhaupt nicht mehr!“, sagte er. „Sie
       haben schon ganze Dörfer entvölkert, bisher haben nur die endlosen Wälder
       Nordrusslands verhindert, dass sie bis in die zivilisierte Welt
       vorgedrungen sind. Doch früher oder später wird ein fiebernder Bärenjäger
       in einer proppenvollen Wodkabar in Jakutsk mausetot zusammenbrechen, und
       dann haben wir den Salat!“
       
       Wir saßen meterweit voneinander entfernt auf der großen Wiese und rückten
       unwillkürlich noch weiter auseinander. „Wie groß ist achttausendmal so
       groß?“, fragte Luis. Raimund zuckte die Schultern. „Keine Ahnung.
       Vielleicht so groß wie ein Rauhaardackel?“ – „Und die beißen dir dann die
       Nase ab und trinken dein Blut, oder was?“ – „Ich weiß nicht.
       Wahrscheinlich.“ – „Immerhin wüsste man, dass man das Büro mal wieder
       lüften muss, wenn einem ständig Rauhaardackel vor der Nase rumschweben“,
       sagte Theo. „Und statt einer FFP2-Maske nimmt man den alten
       Baseballschläger, um sich zu schützen.“ – „Es hätte jedenfalls was sehr
       Befriedigendes, wenn man die Mistdinger platthauen könnte, statt ständig
       hysterisch mit Desinfektionsmittel rumsprühen zu müssen!“
       
       Raimund kratzte sich am Kopf. „Vielleicht könnten wir sogar ein Geschäft
       daraus machen!“ – „Du meinst, es gibt eine Prämie für plattgehauene
       Riesenviren?“ – „Ich dachte eher daran, dass die Monster was für Veganer
       sein könnten.“ – „Du willst die Viecher essen?!“ – „Ich doch nicht! Aber
       Viren sind keine Tiere. Also könnten Veganer …“ – „Ach, komm, niemand isst
       Viren!“ – „Phh! Es gibt auch Leute, die behaupten, dass Insekten lecker
       sind, dabei haben die frittierten Grillen, die ich mal gekauft hab,
       geschmeckt wie verkohlte Sägespäne.“
       
       ## Der Nachschub versiegt
       
       „Das ist doch Blödsinn!“ – „Nein, es ist genial! Wir würden nebenbei sogar
       das Klima retten!“ Raimund war nicht mehr zu bremsen: „‚Virenschnitzel
       statt Kalbskoteletts! Denn Monsterviren pupsen nicht!‘ Die Leute werden uns
       lieben! Greta wird Reklame für uns machen! Wir werden reich sein, Jungs,
       steinreich!“
       
       „Aber wenn du das Klima rettest, wird der Virennachschub versiegen“, sagte
       Luis. „Oh!“, machte Raimund. Er fiel aus allen Wolken. Dann aber hopste ein
       Rauhaardackel an uns vorbei, und seine Begeisterung kehrte schlagartig
       zurück: „Ich weiß! Also in China … Ich meine, die Leute werden doch niemals
       den Unterschied merken zwischen Virenschnitzeln und frischem Rauhaardackel
       …“
       
       So mussten wir weiter hoffen, dass der Bärenjäger nie den Weg aus den
       sibirischen Wäldern heraus finden würde.
       
       17 Jun 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Joachim Schulz
       
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