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       # taz.de -- Besuch von Steinmeier in Polen: Beziehung am toten Punkt
       
       > Der Bundespräsident wollte in Warschau retten, was noch zu retten war.
       > Doch für das wichtigste deutsch-polnische Streitthema hat er keine
       > Lösung.
       
   IMG Bild: Um die deutsch-polnischen Beziehungen steht es schlecht, da hilft ein Vier-Augen-Gespräch nur wenig
       
       Die Aufbruchstimmung vor 30 Jahren war groß: Deutsche und Polen wollten
       gemeinsam die Zukunft gestalten. Im Vertrag über gute Nachbarschaft und
       freundschaftliche Zusammenarbeit listeten beide Seiten am 17. Juni 1991
       penibel auf, was ihnen wichtig war und angepackt werden sollte. 1990 war
       bereits die Oder-Neiße-Grenze zwischen Polen und dem nun wiedervereinigten
       Deutschland mit einem Vertrag gesichert worden. Das hatte vielen Polen die
       große Angst vor einem möglichen „Vierten Reich“ genommen.
       
       Auch wenn es in den folgenden drei Jahrzehnten immer mal wieder kriselte in
       den deutsch-polnischen Beziehungen, war es doch fast immer möglich, die
       auftauchenden Probleme im Geiste des Nachbarschaftsvertrags zu lösen. Davon
       kann heute keine Rede mehr sein. „Freundschaftliche Zusammenarbeit“ gibt es
       heute eigentlich nur noch in den Wirtschaftsbeziehungen und zwischen den
       beiden Zivilgesellschaften.
       
       Politisch jedoch sind die deutsch-polnischen Beziehungen an einem toten
       Punkt angekommen. Das liegt vor allem an den Nationalpopulisten von der
       [1][Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS)], die seit 2015, als sie zum
       ersten Mal die Wahlen gewannen, die polnische Demokratie demontieren. Von
       Polens Rechtsstaat ist inzwischen kaum noch etwas übrig. Und so wie die PiS
       bewusst Streit unter den Polinnen und Polen sät, tut sie dies auch unter
       den internationalen Partnern.
       
       Die deutsch-amerikanischen Beziehungen, die die PiS zu schwächen suchte, um
       daraus Nutzen für Polen zu ziehen, erholen sich seit der Wahl Joe Bidens
       langsam wieder. Biden verhängte keine neuen Sanktionen gegen die
       Gaspipeline Nord Stream 2. Diese hatte die PiS gefordert, um das
       polnisch-amerikanische Flüssiggasgeschäft zu forcieren, das ab Ende 2022
       den mitteleuropäischen Gasmarkt aufmischen soll.
       
       ## Nur Kriegsopferdenkmal im Gepäck
       
       Die US-Regierung hat erkannt, dass es Polen war, das die von Deutschland
       und der EU eingeforderte Gas-Solidarität mit der Ukraine als Erstes
       aufgekündigt hatte. Während die EU weiterhin russisches Gas über die
       ukrainische Überlandpipeline beziehen will, hat Polen den Vertrag mit der
       Ukraine bereits für 2023 gekündigt und will so Millionen Euro an
       Durchleitungsgebühren sparen.
       
       Steinmeier wollte bei seiner [2][Visite in Polen zum Jahrestag des
       Nachbarschaftsvertrags] retten, was noch zu retten war. Doch statt eine
       Lösung im wichtigsten aktuellen deutsch-polnischen Streit anzubieten,
       versicherte er der PiS, dass demnächst eine ihrer Forderungen an die
       Deutschen erfüllt würde: In Berlin soll ein Kriegsopferdenkmal für die
       Polinnen und Polen entstehen, die im deutsch besetzten Polen 1939 bis 1945
       ums Leben kamen.
       
       17 Jun 2021
       
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