URI: 
       # taz.de -- Folgen des Militärputsches in Myanmar: Liebesgrüße in Moskau
       
       > Myanmars Putschführer Min Aung Hlaing verdeutlicht mit seinem Besuch in
       > Moskau Putins wichtige Rolle bei der Unterstützung seines Militärregimes.
       
   IMG Bild: Myanmars Juntachef und Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing nimmt am 27. März die Militärparade ab
       
       Berlin taz | Der von Myanmars Militär kontrollierte Staatssender MRTV hat
       die ersten zehn Minuten seiner Abendnachrichten am Montag dem aktuellen
       Moskaubesuch von Juntachef Min Aung Hlaing gewidmet. Es zeigte den in zivil
       gekleideten General laut der Agentur [1][Reuters], wie er mit seinen
       Gastgebern lächelnd Hände schüttelte, für Fotos posierte, Geschenke übergab
       und einen buddhistischen Tempel besuchte.
       
       Die Botschaft: Myanmars herrschende Generäle sind international mitnichten
       isoliert, sondern haben in der Welt sehr gute Freunde wie etwa in Russland.
       
       General Min Aung Hlaing war am Sonntag zu seiner zweiten Auslandsreise seit
       dem Putsch vom 1. Februar aufgebrochen. Die erste ging im April zum
       Sondergipfel der südostasiatischen Asean-Staaten nach Jakarta.
       
       Jetzt nimmt der General an einer dreitägigen internationalen
       Sicherheitskonferenz in Moskau teil, führt politische Gespräche mit
       russischen Offiziellen und kauft mutmaßlich neue Waffen ein.
       
       ## UN-Vollversammlung gegen Waffenlieferungen an Myanmar
       
       Erst am Freitag hatte sich die UN-Vollversammlung unverbindlich für ein
       Waffenembargo gegen Myanmar ausgesprochen. Russland als Myanmars laut dem
       schwedischen Friedensforschungsinstitut Sipri mit 31,6 Prozent
       zweitwichtigster Waffenlieferant zwischen 2010 und 2019 und China als
       Nummer eins (56,3 Prozent) hatten sich bei dem Votum enthalten.
       
       Nur Belarus stimmte gegen die UN-Resolution, die laut Junta „auf falschen,
       einseitigen Vorwürfen und falschen Annahmen“ basiert.
       
       Noch vor der Konferenz traf sich Myanmars Machthaber am Montag mit
       Russlands Sicherheitsrat. Vereinbart wurde eine engere Zusammenarbeit. Laut
       dem Rat wurde über den „Kampf gegen Terrorismus, regionale Sicherheit und
       internationale Einmischung in Myanmars interne Angelegenheiten“ diskutiert.
       
       Russland hatte schon im Februar den Putsch als „[2][rein innenpolitische
       Angelegenheit] eines souveränen Staates“ bezeichnet und seitdem gemeinsam
       mit China im UN-Sicherheitsrat eine Verurteilung des Staatsstreiches und
       mögliche Sanktionen verhindert.
       
       Schon 2017 hatten dort Peking und Moskau eine Verurteilung Myanmars wegen
       der Vertreibung hunderttausender Rohingya verhindert.
       
       ## Moskau ist für Myanmars Militär ein Gegengewicht zu Peking
       
       Laut [3][Asia Times] hat der bis zum Putsch als Verteidigungsminister
       amtierende Min Aung Hlaing in den letzten sechs Jahren jährlich Russland
       besucht. Myanmars Militär brachte Moskau als Gegengewicht zu Peking ins
       Spiel, um seine große Abhängigkeit von China zu verringern.
       
       Myanmars Generäle sind gegenüber Peking viel misstrauischer als die
       weggeputschte De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi. Denn für die
       Generäle ist Putins Russland in Südostasien nur ein ferner Player, während
       China der Elefant im eigenen Haus ist.
       
       Für Moskau bietet der Putsch in Myanmar jetzt die willkommene Gelegenheit,
       sich ohne großes Risiko in der Region Einfluss zu verschaffen, lukrative
       Waffendeals abzuschließen und ebenso westliche Sanktions- und
       Isolationsversuche gegen Russland zu hintertreiben.
       
       Dabei geht Putins Freundschaft aber nicht so weit, dass er sich dem
       Putschgeneral aufdrängt. Im Unterschied zur Friedensnobelpreisträgerin Aung
       San Suu Kyi, die Putin persönlich empfing, bekam der General jetzt keinen
       Termin beim russischen Präsidenten. Dabei ist Min Aung Hlaing schon länger
       Ehrendoktor der Russischen Akademie der Wissenschaften und Ehrenprofessor
       der russischen Militäruniversität.
       
       ## Russland schickte den bisher ranghöchsten Gast der Junta
       
       Putins Engagement für Myanmars Junta ist allerdings unübersehbar. Am 27.
       März, dem jährlich mit einer Parade gefeierten Tag der Streitkräfte,
       schickte Moskau mit Vizeverteidigungsminister Alexander Fomin den
       ranghöchsten Besucher.
       
       An dem Tag tötete Myanmars Militär mehr als einhundert Demonstrierende.
       Während die Nachbarländer nur mit Militärattachés vertreten waren und
       westliche Länder die Feier boykottierten, bezeichnete Min Aung Hlaing
       Russland als „verlässlichen Verbündeten und strategischen Partner“.
       
       Zuletzt hatte im Januar und damit nur wenige Tage vor dem Putsch Russlands
       Verteidigungsminister Sergei Schoigu Myanmars Hauptstadt Naypyidaw besucht.
       Er übergab ein Raketenabwehrsystem, Radarausrüstung und Aufklärungsdrohnen.
       
       ## Medien: Russland war über Putschpläne informiert
       
       Laut birmesischen Oppositionsmedien informierte Min Aung Hlaing dabei
       Schoigu auch über seine Putschpläne. In Russland wurden in den letzten 20
       Jahren mehrere Hundert myanmarische Offiziere ausgebildet.
       
       Am Dienstag ist es nach den bisher nur im Hinterland und in Kleinstädten
       stattfindenen Kämpfen erstmals in einer Großstadt zu Schusswechseln
       zwischen einer Miliz von Putschgegnern und dem Militär gekommen. In
       Mandalay, Myanmars zweitgrößter Stadt, wurden laut [4][Reuters] mehrere
       Menschen getötet.
       
       22 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.reuters.com/world/russia-myanmar-junta-leader-commit-boosting-ties-moscow-meeting-2021-06-21/
   DIR [2] https://www.bangkokpost.com/opinion/opinion/2091791/russias-gamble-in-post-coup-myanmar
   DIR [3] https://asiatimes.com/2021/03/myanmars-coup-a-high-stakes-diplomatic-pirouette/
   DIR [4] http://Myanmar%20anti-junta%20militia%20vow%20to%20take%20on%20army%20in%20a%20major%20city
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Hansen
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Min Aung Hlaing
   DIR Wladimir Putin
   DIR Militärputsch
   DIR Waffenlieferung
   DIR Russland
   DIR Schwerpunkt Myanmar
   DIR Schwerpunkt Myanmar
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Südostasiatischer Staatenbund Asean: Zahnloser Tiger zeigt etwas Krallen
       
       Die südostasiatischen Asean-Staaten laden Myanmars Putschführer Min Aung
       Hlaing von ihrem nächsten Gipfel aus.
       
   DIR Myanmar nach dem Militärputsch: Zurück auf null
       
       Myanmar befindet sich seit dem Militärputsch im Februar im freien Fall. Die
       Minderheit der Karen führt den Kampf gegen das Militär fort – an der
       thailändischen Grenze.