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       # taz.de -- Ohne Plastik Einkaufen am Maybachufer: Wünsche am Zitronenbaum
       
       > Die Umweltorganisation Yesil Cember versucht auf dem Wochenmarkt in
       > Neukölln für umweltfreundliches Einkaufen zu werben. Es könnte klappen.
       
   IMG Bild: Bananen kommen mit der eigenen Verpackung, für alles andere braucht es umsetzbare Ideen
       
       Berlin taz | Nieselregen am Maybachufer in Neukölln, Dienstag kurz nach 11,
       der Wochenmarkt ist schon gut besucht. Ein winziger Stand an der Ecke
       Hobrechtstraße wirbt recht unscheinbar mit [1][Mehrfachgeschirrtürmchen],
       gehäkelten Einkaufsnetzen und Flyern für plastikfreies Einkaufen. [2][Yeşil
       Çember], so heißt die Berliner Umweltbewegung, die sich seit 15 Jahren der
       Umweltbildung für – aber nicht nur – Türkeistämmige widmet, hat hier zum
       ersten Mal einen Stand, so erzählt es die rührige Geschäftsführerin Gülcan
       Nitsch.
       
       Bereits seit April führe sie mit den Marktverkäufer*innen Gespräche,
       um sich mit ihnen Lösungen für plastikfreies Einkaufen auszudenken. Nitsch
       und ihre vier Mitstreiter*innen haben keine leichte Aufgabe:
       plastikfreies Einkaufen, hier?
       
       Ein kleiner Blick über den Markt verrät die Schwere der Aufgabe: goldbraun
       blitzendes Milchpide, schön hygienisch eingepackt in durchsichtiger
       Plastikfolie, ölig glänzende Oliven in winzigen Einmalbehältern und die
       orangefarbenen, dünnen Tütchen, die einem von den Händlern ungefragt in die
       Hand gedrückt werden. Es ist nicht einfach, hier beim Einkaufen am
       Maybachufer Plastik in allen Farben und Formen auszuweichen.
       
       Eigentlich hätte man den Stand etwas prominenter am Eingang des Marktes
       vermutet, aber so kann man wenigstens fernab vom Trubel noch den
       Wunschbaum, einen kleinen Zitronenbaum mit winzigen Früchten, mit einem
       Wunsch für eine plastikfreie Zukunft bestücken („Weg mit den
       Plastikflaschen!“).
       
       ## Der Preis macht's
       
       Spricht man mit den Gemüseverkäufern, so wie Muhittin bey, einem leicht
       ergrauten Mittvierziger mit lustigen, grünen Augen, hört sich das meist so
       an: „Wir wollen, aber die Kunden wollen nicht! Die nehmen lieber die
       [3][Plastiktüten]!“ Er zeigt mir sein Reservoir an Obsttüten aus Papier und
       Papiertragetaschen, alles fein säuberlich hinten im Stand verstaut. Auch
       Dilek Hekimoğlu, seit zwölf Jahren als Olivenverkäuferin jeden Dienstag und
       Freitag am Start, würde sich wünschen, dass die Einmalbehälter ein für alle
       Mal verschwinden: „Aber das schlägt sich dann auf den Preis nieder, und bei
       der Konkurrenz heutzutage kann sich das keiner leisten, mehr zu verlangen
       für umweltfreundliche Verpackungen.“
       
       Mehrere ihrer Kund*innen würden schon mit ihren eigenen Behältern
       einkaufen kommen, aber da habe sie Hygienebedenken. „Am besten, das wird
       gesetzlich geregelt, dann müssen sich alle dran halten“, wünscht sich ihre
       jüngere Kollegin und packt wie gewünscht 200 Gramm Schafskäse in eine
       Plastiktüte.
       
       [4][Ab dem 3. Juli] wird zumindest Einweggeschirr europaweit verboten, also
       Styroporverpackungen und Kaffeebecher. Und der Rest? Geht wohl nur mit
       Dialog und den Einkaufsnetzen, die Nitsch und ihre Mitstreiter*innen in
       den kommenden Wochen hier auf dem Markt verteilen wollen. „Bis zum
       Jahresende ist dieser Markt plastikfrei“, so ist sich Nitsch sicher. Mal
       gucken, ob ihr Wunsch in Erfüllung geht.
       
       22 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Ebru Tasdemir
       
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