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       # taz.de -- Nachruf auf Popautor Andreas Banaski: Bekenntnis zur Oberfläche
       
       > Andreas Banaski alias Kid P., in den Achtzigern stilbildender
       > Musikjournalist, ist tot. Im Magazin „Sounds“ etablierte er eine geniale
       > Kolumne.
       
   IMG Bild: In der Zeitschrift „Sounds“ fällte Andreas Banaski seine gefürchteten Urteile über die Bands der NDW
       
       Übrigens, wer hier nicht erwähnt wird, war es nicht wert, nicht mal wert,
       runtergemacht zu werden.“ So schrieb Kid P. in seinem Text „Die neue
       deutsche Welle“, veröffentlicht Anfang 1982 in der von meinem Bruder
       Diedrich Diederichsen herausgegebenen Anthologie „Staccato – Musik und
       Leben“.
       
       Dieser Text, in dem sämtliche Protagonisten der NDW – Einstürzende
       Neubauten, DAF, Fehlfarben etc.– detailliert beschimpft werden („Es sind
       wirklich Idioten, man kann sie nicht anders nennen, du musst solche Leute
       mal kennenlernen, es ist nicht zu fassen“), öffnete Kid P. die Tür zu einer
       kurzen Turbo-Karriere (mit längerem Nachglühen).
       
       1979 wurde Diedrich Redakteur der Musikzeitschrift Sounds, die er fortan
       nicht nur für andere Musik, andere Filme und andere Bücher öffnete, sondern
       für die er auch neue Schreiber*innen und Schreibweisen suchte und fand.
       1982 war das Jahr, in dem via UK „Pop“ neu entstand und selbstbewusst das
       Haupt erhob: Nach den Umbrüchen über [1][Punk] und New Wave standen nun
       Bands wie [2][The Human League], Heaven 17 und ABC mit einem Bekenntnis zum
       glamourösen Popsong im Zentrum der Debatte, ein Bekenntnis zur glitzernden
       Oberfläche, zur großen Welt, zum Eskapismus.
       
       ## Provokation Maßanzug
       
       Damit einher ging die Ablehnung von Rockmusik, Hippies und der
       dazugehörigen Lebensweise und der permissiven Toleranz, die das Leben im
       globalen Norden für abenteuerlustige Jugendliche so öde erscheinen ließ.
       Punks hatten noch auf Selbstverstümmelung und Hakenkreuze gesetzt, die viel
       größere Provokation für den sozialdemokratischen und früh-grünen Mainstream
       dieser Jahre waren aber Maßanzüge, schnittige Kurzhaarfrisuren und eine
       Musik, die sich eher Frank Sinatra, dem Swinging London der 1960-er und
       vielleicht noch Disco herzensverwandt fühlte als Bruce Springsteen und den
       Dire Straits.
       
       Dies entsprach ziemlich genau dem Weltbild von Andreas Banaski, wie Kid P.
       eigentlich hieß, und seine 1982 in Sounds veröffentlichten Texte fassten
       dieses Weltbild präzise zusammen. Dabei waren sie nicht zuletzt deshalb so
       brillant, weil sie die formatsprengenden Abschweifungen zuließen, die einem
       in Journalistenschulen abtrainiert werden.
       
       Er war hart und kompromisslos auch gegen die eigenen Held*innen, wenn sie
       sich Fehltritte leisteten – und gegen sich selbst: „völlig dilettantisch
       hingehauenes Werk“, „massenhaft nichtssagenden langweiligen Schrott“,
       beschreibt er seine eigenen Experimentalfilme in „Staccato“.
       
       Nach der Sounds-Einstellung 1983 war es mit Kid P. vorbei. Als Andreas
       Banaski schrieb er weiterhin auch brillante Texte für Stadtmagazine oder
       [3][Spex]. Dass ihm nicht der Sprung auf ein neues Level gelang, lag
       womöglich daran, dass es kein geeignetes Medium dafür gab. Er nahm
       schließlich einen Job in der Dokumentation von Tempo an und durfte nach
       dessen Einstellung das Archiv mitnehmen und als freier Archivar und
       Dokumentar anderer Leute Texte verbessern. In den letzten zehn Jahren war
       er zu krank, um noch zu arbeiten. Andreas Banaski starb am Mittwoch im
       Alter von 63 Jahren.
       
       26 Jun 2021
       
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       ## AUTOREN
       
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