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       # taz.de -- Streit um Corona-Impfstoff: EU-Parlament will Patente freigeben
       
       > Die Abgeordneten drängen darauf, die Produktion in den ärmeren Ländern
       > anzukurbeln. Europa geht gespalten ins G7-Treffen.
       
   IMG Bild: Der Impfstoff Comirnaty von Biontech/Pfizer
       
       Brüssel taz | Kurz vor den G7-Beratungen über die Coronakrise ist in der EU
       erneut Streit über die [1][Freigabe von Impfstoff-Patenten] ausgebrochen.
       EU-Ratspräsident Charles Michel sprach sich gegen eine umfassende
       Aussetzung des Patentschutzes aus, wie sie neuerdings auch die USA fordern.
       Das Europaparlament forderte dagegen erneut eine zeitweise Freigabe der
       Rechte, um die Impfstoffproduktion in ärmeren Ländern wie Indien
       anzukurbeln.
       
       „Eine Aussetzung von Patenten mag gut klingen, aber sie ist keine
       Wunderwaffe“, sagte Michel in einer Pressekonferenz zum Gipfel der sieben
       großen Wirtschaftsmächte, der am Freitag im englischen Cornwall startet.
       Das so genannte [2][Trips-Abkommen] über den internationalen Schutz von
       geistigem Eigentum biete genug Flexibilität.
       
       Bei dem Treffen wolle man sich auf Vorschläge wie freiwillige
       Lizenzvergabe, Wissenstransfer und die Bündelung von Patenten zu
       einvernehmlich festgelegten Bedingungen konzentrieren, so Michel. Ähnlich
       äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel. Die Kanzlerin glaube nicht,
       dass eine Patentfreigabe hilfreich sei, hieß es in Berlin.
       
       Dagegen sprach sich Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron erneut für eine
       Öffnung der Patentrechte aus. Auch das Europaparlament stellte sich gegen
       EU-Spitze und die Kanzlerin. Per Resolution verlangten die Abgeordneten,
       Verhandlungen über die Aussetzung der Rechte in der Welthandelsorganisation
       WTO aufzunehmen.
       
       ## Die deutschen CDU/CSU-Abgeordneten dagegen
       
       Dafür stimmten 355 Abgeordnete, 263 waren dagegen, 71 enthielten sich. Der
       ursprüngliche Entschließungstext enthielt noch keine Forderung zur
       vorübergehenden Aussetzung der Patente. Änderungsanträge von Linken und
       Grünen sorgten aber schließlich dafür, dass die Forderung Teil der
       Entschließung wurde.
       
       Die deutschen CDU/CSU-Abgeordneten stimmten dagegen. Eine Aussetzung der
       Patente würde „die bewährte Anreizstruktur für Forschungsfinanzierung
       zerstören“, sagte der CDU-Abgeordnete Sven Simon.
       
       Dies sehen Grüne, Linke und SPD, die für die Resolution stimmten, anders.
       Das Abstimmungsergebnis sei ein „großer Erfolg für die globale
       Gerechtigkeit“, twitterte der grüne Europaabgeordnete Sven Giegold. Die
       Bundesregierung stehe nun international isoliert da. Allerdings stehen
       Ratspräsident Michel und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zu
       Merkel.
       
       Die EU geht also zerstritten in den Gipfel. Gestärkt werden hingegen die
       USA und Großbritannien – also ausgerechnet jene Länder, die Impfstoffe
       bisher nur für die eigene Bevölkerung reserviert haben. Die EU setzte
       dagegen stets auf Export. Der größte Profiteur dieser Strategie ist der
       deutsche Hersteller Biontech. Die EU-Kommission hatte bei Biontech zuletzt
       bis zu 1,8 Milliarden Impfdosen bestellt.
       
       10 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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   DIR Eric Bonse
       
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