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       # taz.de -- Doku über Aserbaidschan-Affäre: Korrupte Kumpel
       
       > Der Einfluss des aserbaidschanischen Staatspräsidenten reicht bis in den
       > Deutschen Bundestag. Eine ARD-Doku geht der Spur nach.
       
   IMG Bild: Auch eine Helferin Bakus: Die inzwischen verstorbene CDU-Abgeordnete Karin Strenz
       
       Wenn Politiker, wie die ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel
       und Mark Hauptmann, sich an krummen Geschäften mit [1][Corona-Schutzmasken]
       schamlos bereichern, ist das widerwärtig. Noch unappetitlicher wird es
       jedoch, wenn ebendiese Herren (und nicht nur sie) offensichtlich auch den
       Hals von Kavier nicht voll genug bekommen können. Will heißen: sich zum
       willfährigen Erfüllungsgehilfen eines durch und durch korrupten Regimes zu
       machen, in dem [2][schwere Menschenrechtsverletzungen] an der Tagesordnung
       sind.
       
       Solche unsäglichen Verstrickungen am Beispiel der Südkaukasusrepublik
       Aserbaidschan beleuchtet die Dokumentation „Die Aserbaidschan-Connection.
       Die nützlichen Helfer des Alijew-Regimes“, die die ARD an diesem Montag
       ausstrahlt.
       
       Für Uneingeweihte hält der knapp 30-minütige Beitrag dankenswerterweise
       auch einige landeskundliche Erläuterungen bereit. Wir erfahren, dass
       Staatspräsident Ilham Alijew im Umgang mit seinen Kritiker*innen nicht
       gerade zimperlich ist. Gleichzeitig ist der Mann, der seit 2003 über den an
       Öl- und Gasvorkommen reichen Staat herrscht, um eine positive
       Außendarstellung bemüht.
       
       Neben sportlichen Großevents wie der diesjährigen Fußball-EM (der Uefa sei
       Dank) oder den Europaspielen 2015 bietet sich da auch die Inanspruchnahme
       anderer skrupelloser ausländischer Dienstleister aus Politik und Wirtschaft
       an. Deren Aufwandsentschädigungen begleicht Baku locker aus der Portokasse.
       
       ## Millionen-Prämien für CDU-Abgeordneten
       
       In Deutschland ist Alijew fündig geworden. Besondere Meriten für sein
       unermüdliches Aserbaidschan-Engagement scheint sich hierbei auch der
       langjährige CSU-Abgeordnete und Lobbyist Eduard Lintner erworben zu haben.
       Mehrmals war er bei der Organisation von Reisen „privater“
       Wahlbeobachtermissionen nach Aserbaidschan behilflich – die Kosten für das
       Rundumsorglos-Paket übernahm Baku. Deren Vertreter*innen lieferten
       Gefälligkeitsgutachten ab und konnten bei der manipulierten Abstimmung
       merkwürdigerweise keine Verstöße gegen demokratische Standards erkennen.
       
       Die Verteilung aserbaidschanischer Erfolgsprämien in Millionenhöhe soll
       Lintner unter anderem über von ihm gegründete Gesellschaften abgewickelt
       haben. Bei der Frage, an wen Gelder geflossen seien, weist Lintner
       erstaunliche Gedächtnislücken auf. Er könne sich nicht erinnern, sagt er.
       
       Ebenjener Lintner ist es, der sich nicht entblödete, als Mitglied der
       Parlamentarischen Versammlung des Europarates auch noch diese Institution
       für seine plumpe Pro-Alijew-Propaganda zu missbrauchen – genauso wie die im
       vergangenen März verstorbene CDU-Abgeordnete Karin Strenz.
       
       Auch sie ließ sich ihre „Handreichungen“ für Baku vergolden und stimmte
       2015 als einzige deutsche Abgeordnete gegen eine Resolution über die
       Freilassung politischer Gefangener in Aserbaidschan. Der Europarat, dem
       auch Aserbaidschan angehört, ist eigentlich der Hüter von Demokratie und
       Menschenrechten. Doch das ficht Leute wie Eduard Lintner nicht an. Er finde
       an seiner Aserbaidschan-Connection nichts Anstößiges und sei mit sich im
       Reinen, bescheidet er dem Interviewer.
       
       ## Enttäuschte Exilanten
       
       Nicht zuletzt aserbaidschanische Menschenrechtler*innen, von denen einige
       in der Dokumentation zu Wort kommen, empfinden das als einen Schlag ins
       Gesicht. „Wir wollten ein Aserbaidschan wie Deutschland. Aber die
       aserbaidschanische Regierung hat Deutschland wie Aserbaidschan gemacht.
       Korrupt, korrupte Politiker“, sagt Yafaz Hasanow. Er hat mittlerweile in
       Deutschland Asyl erhalten.
       
       Auch Emin Huseynow, der im Schweizer Exil lebt, macht aus seiner
       Enttäuschung über Deutschland keinen Hehl: „Sie haben uns unsere Hoffnungen
       für die Zukunft gestohlen und Deutschland hat nichts gemacht“, sagt er.
       
       Nicht minder enttäuschend als das Gebaren käuflicher deutscher
       Politiker*innen an sich sind dessen reichlich späte Konsequenzen.
       Eduard Lintner hat Hausverbot im Europarat und sich strafrechtliche
       Ermittlungen wegen des Verdachts auf Korruption eingehandelt. Der
       CDU-Abgeordnete Axel E. Fischer, für die CDU im Bundestag und ebenfalls ein
       guter Freund von Ilham Alijew, wurde gerügt und verlor seine
       parlamentarische Immunität. Seinen Abgeordnetensessel wärmt er jedoch noch
       immer. Woher auch immer diese vornehme Zurückhaltung kommt – potenzielle
       geldgierige Nachahmungstäter*innen dürfte das von einem solch
       schändlichen Tun wohl kaum abhalten.
       
       Korrektur: Die Feststellung in der ersten Fassung des Textes, Lintner solle
       die Verteilung aserbaidschanischer Erfolgsprämien in Millionenhöhe unter
       anderem über seinen Lobbyverein „Deutsch-Aserbaidschanisches Forum“
       abgewickelt haben, ist nicht zutreffend.
       
       27 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Barbara Oertel
       
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