URI: 
       # taz.de -- Spaniens Achtelfinale gegen Kroatien: Der große Kick
       
       > In einem epischen Match ringt Spanien den Vitzeweltmeister nieder. Wer
       > wissen will, warum Menschen Fußball lieben, schaue dieses Spiel.
       
   IMG Bild: Des einen Freud, des anderen Leid: Álvaro Morata trifft zum 4:3, Dominik Livaković ist traurig
       
       Kopenhagen taz | Es war der Tag, an dem der Fußball das Turnier erobert
       hat. Kopenhagen, wo am frühen Abend der Vizeweltmeister Kroatien auf
       Spanien getroffen ist, ist ein fast schon idealer Ort für einen solchen
       Tag. Die Bolzplätze rund um das Stadion Parken, die Wiesen, auf denen immer
       irgendwer kickt und an denen vorbeizieht, wer zum Stadion geht, versetzen
       jeden, der einen Sinn für Fußball hat, in eine ganz besondere Stimmung. Die
       dänische Fankultur, zu der viel Alkohol und ebenso viel gute Laune gehört,
       tut ihr Übriges. Doch all das war nichts gegen das, was sich in diesem
       schönen engen Stadion Parken abgespielt hat.
       
       Zu analysieren, warum am Ende Spanien nach Verlängerung mit 5:3 gewonnen
       hat, ist beinahe müßig. Zwar ist durchaus auch gepflegt gespielt worden,
       auch Ideen waren zu sehen, und doch ist das Spektakel von Kopenhagen
       deshalb so einmalig gewesen, weil es so intensiv war wie eine echte
       Bolzplatzschlacht. Da gab es Geniestreiche. Und manchmal war es einfach nur
       peinlich. Und es gab epische Duelle, wie jenes zwischen [1][Spaniens
       Stürmer Álvaro Morata] und dem kroatischen Verteidiger Joško Gvardiol, die
       um ein Haar ein paar Mal in eine Schlägerei ausgeartet wären.
       
       Eine solche gab es auf den Rängen, als ein kroatischer Fan seinen Frust
       über den zwischenzeitlichen 1:3-Rückstand seines Teams an irgendjemandem
       auslassen wollte. Er wurde abgeführt und hat nicht mitbekommen, zu welch
       unfassbarem Comeback sein Team noch in der Lage sein sollte. Den letzten
       Angriff des Spiels nutzten die Kroaten zum Ausgleich.
       
       Es war ein Rausch, in den sich die Mannschaft gespielt hatte und den ihr
       niemand zugetraut hatte, nachdem Ferrán Torres die Spanier in der 70.
       Minute mit 3:1 in Führung gebracht hatte. Und kaum hatte die Verlängerung
       begonnen, da hätten die Kroaten eigentlich in Führung gehen müssen, doch
       Spaniens Torhüter Unai Simón wurde zum Helden des Spiels. Er wollte den
       Ball einfach nicht durchlassen, den Andrej Kramarić eigentlich nur noch
       hätte einschieben müssen.
       
       ## Der Deppenheld
       
       Bevor Simón zum Helden wurde, war er auch schon in die Rolle des größten
       Deppen des Turniers geschlüpft. Bei dem Versuch, einen Rückpass zu stoppen,
       glitt der Ball an seinem Fuß vorbei und rollte ins Tor. Wahnsinn! Die
       Kroaten führten und hatten bis zu jener 20. Minute nicht ein einziges Mal
       aufs Tor geschossen. Die Verwandlung Simóns vom Versager in einen Helden
       war für Spaniens Trainer Luis Enrique, der nach dem Spiel so verschwitzt
       war, dass man glatt hätte glauben können, er sei ebenso wie sein Stürmer
       Morata gerade 15 Kilometer gelaufen, eine der schönen Geschichten dieses
       Spiels. Wer Fußballer werden will, solle sich zum Vorbild nehmen, wie man
       an Fehlern wachsen könne, meinte er im Anschluss.
       
       Vorbildlich war sein Team auch in das Spiel gegangen. Das Pressing der
       Spanier war so beeindruckend, dass die fußballerisch ja nun wahrlich nicht
       schwachen Kroaten den Ball zunächst gar nicht bis vor das spanische Tor
       bringen konnten. Auch die Chancen der Spanier hatten es in sich. Sie waren
       ebenso perfekt herausgespielt, wie sie kläglich vergeben wurden. Fünf Tore
       hatten die spanischen Kicker am Ende geschossen. Es hätten noch mehr sein
       können. 23 Schüsse hatten sie am Ende auf das gegnerische Tor abgegeben. Es
       war ein Spektakel ohnegleichen.
       
       In das stiegen die Kroaten so richtig erst ein, als sie mit zwei Toren
       hinten lagen. Wie es schien, hatten sie sich ihre Kräfte gut eingeteilt.
       Ein Blick auf die Pausenstatistik zeigt, dass sie zur Halbzeit gut zehn
       Kilometer weniger als die Spanier gelaufen waren. Das Pressing der Spanier
       mag effektiv sein, es ist aber auch unheimlich aufwendig. [2][Kroatiens
       Superfußballer Luka Modrič] wurde bisweilen von drei Spielern angelaufen.
       Kein Wunder, dass die Spanier nicht mehr jeden Sprint mitgehen konnten, als
       die Kroaten in den letzten zehn Minuten das Tempo anzogen.
       
       Und doch waren die Spanier am Ende stärker. Wer sein Team schlagen wolle,
       der müsse viel laufen, meinte Luis Enrique. So richtig müde spielen kann
       man die Spanier wohl doch nicht. Die Bank ist auch besser besetzt. Wenn am
       Ende einer Verlängerung nur noch vier Feldspieler auf dem Platz stehen, die
       auch zu Beginn aufgelaufen sind, dann wird die Tiefe des Kaders
       spielentscheidend.
       
       Und während Enrique noch zu erklären versuchte, warum es schon seine
       Richtigkeit habe, dass sein Team gewonnen hat, schallten Jubelschreie aus
       den Cafés der Stadt Richtung Stadion. Die Schweiz war 1:0 gegen Frankreich
       in Führung gegangen. Der Wahnsinn ging weiter. Fußball regierte.
       
       29 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /EM-Spiel-Spanien-gegen-Kroatien/!5778905
   DIR [2] /Kroatiens-Mittelfeldstar/!5778352
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
       ## TAGS
       
   DIR Fußball
   DIR Fußball-EM 2024
   DIR Spanien
   DIR Kroatien
   DIR Fußball
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
   DIR Schwerpunkt Fußball-EM 2024
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Finale der Nations League: Tränen der Erinnerung
       
       Spaniens Kicker gewinnen nach elf Jahren wieder einen Titel. Der wird wie
       eine Erlösung gefeiert, dabei ist unklar, wie stark das Team wirklich ist.
       
   DIR Spielberichte zur Europameisterschaft: England trifft halt noch schlechter
       
       Italien ist Männerfußballeuropameister. Im Elfmeterschießen wurde Elfer um
       Elfer verschossen. Italien traf ein Mal mehr. Das Finale in drei Sätzen.
       
   DIR Italien gegen Spanien im EM-Halbfinale: Große italienische Oper
       
       Mit viel Pathos gehen die Italiener ins Halbfinale. Bis jetzt hatten sie
       genug Platz zum Spielen. Gegen Spanien könnte es aber eng werden.
       
   DIR Unterwegs in Europa: Wer ist hier eigentlich wir?
       
       Kroatische Fans des FC Bayern können aus Hamburg kommen und für Deutschland
       sein. Und wenn das nicht hilft, sind sie eben für Dänemark.
       
   DIR EM-Viertelfinale Spanien gegen Schweiz: Monopol auf den Ball
       
       Spaniens immer noch gewöhnungsbedürftiger Kader hat sich freigespielt.
       Trainer Luis Enrique will dem Ballbesitz zu neuer Blüte verhelfen.
       
   DIR EM-Spiel Spanien gegen Kroatien: Suche nach der Welle
       
       Spaniens Team schart sich um Stürmer Álvaro Morata. Und nicht nur bei
       Achtelfinalgegner Kroatien wirft der Positivtest von Ivan Perišić Fragen
       auf.
       
   DIR Kroatiens Mittelfeldstar: Der mit dem Außenrist
       
       Luka Modrić ist schon 35 Jahre alt. Beim 3:1-Sieg Kroatiens über Schottland
       zeigte der Mittelfeldspieler einmal mehr, warum er ein Superstar ist.