# taz.de -- Irans künftiger Präsident Ebrahim Raisi: Pechschwarze Flecken im Lebenslauf
> Ebrahim Raisi ist mitverantwortlich für einen Massenmord. Noch-Präsident
> Rohani kritisierte ihn als einen, der am Schreibtisch Todesurteile fällt.
IMG Bild: Blut an den Händen: Wahlgewinner Ebrahim Raisi am Freitag nach der Stimmabgabe
Berlin taz | Der [1][frisch gewählte Präsident der Islamischen Republik
Iran, Ebrahim Raisi], ist weder charismatisch noch besonders beliebt.
Seinen Sieg verdankt er eher einer inszenierten Ernennung als einer klaren
Entscheidung des Volkes. Raisi trägt einen schwarzen Turban, weil er
angeblich vom islamischen Propheten Mohammed abstammt. Manche behaupten, er
habe nur die Grundschule abgeschlossen, er selbst bezeichnet sich als
promovierter Jurist.
Wie viele Geistliche im Iran machte Raisi im Zuge [2][der Islamischen
Revolution von 1979] rasch Karriere. 1960 in der heiligen Stadt Maschhad
geboren, wurde er schon als 20-Jähriger zum Generalstaatsanwalt der Stadt
Karadsch ernannt. Seine Aktivitäten und sein hartes Vorgehen in den
Revolutionsgerichten zeugten von seiner absoluten Loyalität gegenüber den
Grundsätzen und Zielen der Islamischen Republik.
Innerhalb weniger Jahre stieg er zum Generalstaatsanwalt von Teheran auf,
wurde dann zum Vizejustizchef ernannt und später zum iranischen
Generalstaatsanwalt. Eigentlich deutete seine berufliche Laufbahn nicht auf
eine politische Karriere hin.
Erst als der Revolutionsführer Ali Chamenei Raisi zum Verwalter der
religiösen Stiftungen in Maschhad ernannte – eine Stellung, die ihm nicht
nur religiös, sondern auch wirtschaftlich und politisch große Macht verlieh
– zeichnete sich eine Wende in seinem beruflichen Leben ab. In dieser neuen
Position konnte Raisi sich erlauben, nach dem zweithöchsten Amt des Staates
zu greifen. Doch bei der Präsidentschaftswahl vor vier Jahren scheiterte er
im Wettbewerb gegen Hassan Rohani. Seit drei Jahren ist Raisi nun
Justizchef.
## „Gremium des Todes“
In Raisis Biographie gibt es viele dunkle, ja pechschwarze Flecken. Er
gehörte jener 1988 vom damaligen Revolutionsführer Ajatollah Chomeini
ernannten vierköpfigen Gruppe an, die als „Gremium des Todes“ bezeichnet
wird. Raisi sollte für die „Säuberung“ der Gefängnisse sorgen. Das tat die
Gruppe auch gründlich, ließ mehrere tausend Gefangene hinrichten.
Dieser Massenmord ist der größte Schandfleck in der mehr als
vierzigjährigen Geschichte der Islamischen Republik. Der damals designierte
Nachfolger Chomeinis, Ajatollah Montaseri, ermahnte die Gruppe: „Ihr werdet
als schlimmste Verbrecher in die Geschichte eingehen“, sagte er.
Auch für zahlreiche politische Gefangene, die danach hingerichtet wurden,
ist Raisi mitverantwortlich. Beim Wahlkampf vor vier Jahren erinnerte
Rohani an diese Taten und sagte: „Die Wähler in Iran werden niemals
Menschen akzeptieren, die 38 Jahre lang nichts anderes gekannt haben als
Hinrichtung und Gefängnis. Sie lehnen Leute ab, die am Schreibtisch
Todesurteile fällen.“ Zu dem Vorwurf sagte Raisi einmal, er sei „stolz
darauf, gegen Verrat und Verderben und für die Ideale der Revolution“
gekämpft zu haben.
Als Raisi zum Verwalter der religiösen Stiftungen in Maschhad wurde,
meinten viele politische Beobachter, Grund dieser Ernennung sei
möglicherweise der Plan, ihn als Nachfolger des 82-jährigen
Revolutionsführers Chamenei aufzubauen. Seine Wahl zum Präsidenten,
bestärkt diese Vermutung. Auch Chamenei war Staatspräsident, als er 1989
vom Expertenrat zum Nachfolger Ajatollah Chomeinis gewählt wurde.
20 Jun 2021
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## AUTOREN
DIR Bahman Nirumand
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