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       # taz.de -- Libyen-Konferenz in Berlin: Drei heikle Punkte
       
       > In Berlin treffen sich am Mittwoch die Akteure des Libyenkriegs. Das Land
       > ist auf dem Weg zum Frieden, doch viele Stolpersteine liegen noch im Weg.
       
   IMG Bild: Libyens Premier Abdul Hamid Dbaiba
       
       Kairo taz | Es war ein wichtiger symbolischer Akt: Abdul Hamid Dbaiba, der
       erst im Februar [1][zum Premier der neuen Einheitsregierung in Libyen
       ernannt] wurde, stieg auf einen Bulldozer und winkte den applaudierenden
       Beistehenden. Dann setzte sich die Baumaschine in Bewegung und räumte einen
       Erdhügel weg, der bis letzten Sonntag die wichtigste Verbindungsstraße
       entlang des Mittelmeers zwischen dem Westen und dem Osten des Landes
       blockiert hatte.
       
       Damit sind die beiden einst kriegsführenden Teile Libyens nun auch
       verkehrstechnisch wieder verbunden. „Heute erklären wir die Ära der
       Spaltung und Teilung unseres Landes für dauerhaft beendet. Wir sind wie ein
       Körper. Wenn ein Organ nicht richtig funktioniert, beginnen auch die
       anderen Organe zu versagen“, zelebrierte und warnte Dbaiba zugleich – als
       ob er selbst noch nicht ganz an den Aufbruch glaubte.
       
       Das Ganze passte auch zur politischen Roadmap, die an diesem Mittwoch auf
       einer weiteren internationalen Libyen-Konferenz in Berlin ausgehandelt
       werden soll. Dort treffen sich auf Einladung der deutschen Regierung und
       der UNO die gleichen Teilnehmer wie Anfang letzten Jahres, also Vertreter
       Russlands, der Türkei, Frankreichs, Ägyptens, Algeriens, der Emirate sowie
       der EU. Auch US-Außenminister Anthony Blinken hat sich angekündigt.
       
       Neu ist, dass die libysche Seite diesmal zumindest vordergründig mit einer
       Stimme spricht, in Form der neuen Einheits-Übergangsregierung. „Das Treffen
       in Berlin ist für uns Libyer eine Gelegenheit, als die Hauptpartei daran
       teilzunehmen. Libyen als ganzes Land war bisher nicht bei diesen Treffen
       anwesend“, erklärte die neue libysche Außenministerin Najla Mangoush bei
       einem Besuch am Samstag in Kairo. „Jetzt haben wir die Chance, als eine
       Regierung der nationalen Einheit mit einer geeinten Vision und einer klaren
       Strategie teilzunehmen und die Entscheidungen der Berlin-Konferenz und des
       UN-Sicherheitsrates zu unterstützen.“
       
       ## Die Söldnerfrage
       
       Viel wurde seit der letzten [2][Libyen-Konferenz in Berlin im Januar 2020]
       erreicht. Der Waffenstillstand hält, es gibt erstmals eine
       Übergangs-Einheitsregierung und für den 24. Dezember ist eine
       Parlamentswahl angesetzt. Auch große regionale Player wie die Türkei und
       Ägypten haben sich in den letzten Monaten angenähert, um die Lage in Libyen
       zu stabilisieren. Nun gilt es, diese Entwicklung in Berlin weiterzudrehen.
       Dabei werden drei große Themen vorherrschen.
       
       Im Vordergrund stehen die Vorbereitungen und der legale Rahmen der
       geplanten Parlamentswahl. Das zweite Thema ist der Rückzug aller
       ausländischen Söldner und Militärberater. Der war zwar schon auf der
       letzten Libyen-Konferenz beschlossen worden, hat aber noch nicht
       stattgefunden.
       
       Keine ausländische Macht will ihren militärischen Einfluss auf das ölreiche
       Land aufgeben. [3][Bei den Milizen im Westen und in der Hauptstadt Tripolis
       mischen türkische Militärberater mit. Der Osten des Landes wird von
       russischen Söldnern, der Kreml-nahen Wagner-Sicherheitsfirma, unterstützt
       sowie von sudanesischen Kämpfern auf der Gehaltsliste der Vereinigten
       Arabischen Emirate.]
       
       Das dritte Thema ist der libysche Sicherheitsapparat: [4][Diesen wieder zu
       einen und ein einziges staatliches Gewaltmonopol herzustellen,] dürfte noch
       schwieriger werden als der Abzug der Söldner. Die Libyen-Konferenz in
       Berlin am Mittwoch wird wohl erneut viele Absichtserklärungen
       hervorbringen. Richtig spannend aber wird es erst danach, wenn sich die
       Frage stellt, ob die guten Absichten auch umgesetzt werden.
       
       23 Jun 2021
       
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       ## AUTOREN
       
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