URI: 
       # taz.de -- Erfahrungen am freien Museumssonntag: Wäsche waschen in Köpenick
       
       > Auch, wenn das frühe Vorbuchen der Wunschmuseen nicht klappt, kann man am
       > eintrittsfreien Museumssonntag in Berlin tolle Eindrücke gewinnen.
       
   IMG Bild: Schloss Köpenick: Früher wurde hier Berlins schmutzige Wäsche gewaschen
       
       Am liebsten hätte ich zum ersten eintrittsfreien Museumssonntag seit fast
       zwanzig Jahren in Berlin eigentlich das Panorama des Pergamonmuseums
       besucht. Denn dort war ich noch nie. Wegen der Coronapandemie hätte ich
       allerdings vorher ein kostenloses Zeitfenster buchen müssen, und die waren
       alle schon ausgebucht. Der eintrittsfreie Museumssonntag, den es in Zukunft
       an jedem ersten Sonntag im Monat geben soll, ist begehrt. Die Berliner
       Senatsverwaltung für Kultur spricht von rund 20.000 BesucherInnen in den
       über 60 teilnehmenden Häusern.
       
       „So habe ich es mir erhofft – von 0 auf 100 am ersten Sonntag“, sagt
       Kultursenator Klaus Lederer (Linke). „Das zeigt: Der Bedarf ist da, die
       Sehnsucht nach Kultur ist da, die Angebote sind richtig und interessant.
       Dieser Erfolg freut mich persönlich sehr, es freut mich erst recht für alle
       teilnehmenden Museen.“ Mit dem Museumssonntag will Berlin die kulturelle
       Teilhabe für die ganze Gesellschaft fördern, besonders für diejenigen, die
       sich einen Museumsbesuch nur schwer leisten können. Zusätzliche
       Mitmachangebote und Führungen an diesen Tagen sollen die Museen attraktiver
       machen.
       
       Auch meine Ersatzwünsche waren am Sonntag restlos ausgebucht: etwa das
       Museum für Kommunikation oder die Sammlung Berggruen. Selbst im Schloss
       Köpenick, das ich zuletzt vor der Wende besucht hatte und gern mal wieder
       besichtigt hätte, waren am Freitag keine Zeitfenster mehr zu bekommen.
       Unter „Köpenick“ fand ich allerdings ein Museum, von dessen Existenz ich
       bisher noch nicht gehört hatte: das Heimatmuseum. Also dorthin.
       
       ## 3 Tannenzapfen für Besucher
       
       Das war ein lohnender Ausflug in die idyllische Köpenicker Altstadt bei
       bestem Sonnenschein. Die Cafés hatten ihre Tische herausgestellt, viele
       Spaziergänger flanierten am Wasser. Im Museum selbst, einem kleinen
       Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert, bekam ich drei Tannenzapfen
       überreicht. Die sollte ich in den Räumen in vorbereitete Boxen legen, die
       mir am besten gefallen hätten.
       
       Der erste Tannenzapfen blieb gleich in der Abteilung für Frühgeschichte: Da
       Köpenick nahe am Wasser gebaut ist, wundern die zahlreichen Fundstücke aus
       prähistorischer Zeit nicht. Überraschung dann in dem Raum zum 19.
       Jahrhundert: Die damals noch selbstständige Stadt Köpenick hat Berlins
       Wäsche gewaschen. Zuerst in den Flüssen, von wo sie mit Hundegefährten zu
       den Kunden gebracht wurde, später in Wäschereien. Auch Glas wurde in
       Köpenick produziert. Und die dort ausgestellten Glasgefäße hätte ich sofort
       gekauft, wenn sie käuflich gewesen wären. Mein dritter Zapfen blieb in
       einer schön gestalteten Heimatstube.
       
       Selbst dieses kleine Museum freute sich am Sonntag über zahlreiche
       Besucher. Dass es ab 15 Uhr Mitmachaktionen gab wie ein historisches
       Wäschewaschen für Kinder, habe ich allerdings erst nachträglich erfahren.
       
       5 Jul 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marina Mai
       
       ## TAGS
       
   DIR Museen in Berlin
   DIR Köpenick
   DIR Heimat
   DIR Museumsinsel
   DIR Museumsinsel
   DIR Berlin Ausstellung
   DIR Zeitgeschichte
   DIR Lesestück Interview
   DIR Brandenburg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Eintrittsfreier Museumssonntag: Schritt in die richtige Richtung
       
       Der kostenlose Museumsbesuch am Sonntag wird angenommen. Jetzt muss sich
       zeigen, ob nicht nur das Bildungsbürgertum die Gratistickets nutzt.
       
   DIR taz-Serie „Was macht eigentlich…?“ (3): Sonntags ins Museum
       
       Am ersten Sonntag im Monat ist der Eintritt in die meisten Berliner Museen
       frei. Der Senat wollte damit kulturelle Teilhabe erleichtern. Klappt das?
       
   DIR Picasso-Ausstellung „Les Femmes d’Alger“: Trauerarbeit und Politik
       
       Die Ausstellung „Picasso – Les Femmes d’Alger“ im Museum Berggruen lädt zur
       Diskussion ein. Sie zeigt den Künstler als Dieb, Sexist und Befreier.
       
   DIR Erinnerungsstätte in Brandenburg: Niemandsland mit Erinnerungen
       
       Bogensee im Norden von Berlin ist ein geschichtsträchtiger Ort. Nun gibt es
       zumindest einen Online-Rundgang durch das geschlossene Areal.
       
   DIR Leiterin des FHXB-Museums im Interview: „Ich beobachte viel und gern“
       
       Von München nach Berlin, aus der Modebranche ins Museum: Natalie Bayer,
       Leiterin des Friedrichshain-Kreuzberg-Museums, hat wenig Angst vor
       Veränderungen.
       
   DIR Neue Museen in Brandenburg: Ausmisten!
       
       Preußen raus, Alltag rein. Weil die alten Ausstellungen verstaubt waren,
       gehen das Museum Oder-Spree und das Oderbruchmuseum neue, offene Wege.