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       # taz.de -- Proteste auf Kuba: Der Tabubruch
       
       > Fidel Castro suchte 1994 den Dialog mit unzufriedenen DemonstrantInnen.
       > Der neue Machthaber Miguel Díaz-Canel setzt auf Repressionen.
       
   IMG Bild: Zivilpolizisten verhaften einen regierungskritischen Demonstranten in Havanna am Sonntag
       
       Miguel Díaz Canel heißt der Mann, der die politische Macht in Kuba in den
       Händen hält. Im April diesen Jahres hat er den Vorsitz der kommunistischen
       Partei Kubas (PCC) von seinem Vorgänger [1][Raúl Castro] übernommen – und
       einen Berg von Problemen. Die Wirtschaft der Insel ist durch die Pandemie
       und das auf ein historisches Maximum verschärfte US-Embargo sowie durch
       Missmanagement und verspätete und halbherzige Reformen in eine
       Existenzkrise gerutscht.
       
       Die Stromabschaltungen, die sogenannten Apagones, haben den Geduldsfaden
       der durch latente Lebensmittelknappheit und steigende
       Corona-Infektionszahlen gestressten Kubaner*innen reißen lassen.
       Erstmals seit 1994, als einige Hundert an Havannas Uferpromenade Malecón
       gegen die Regierung und die existentielle ökonomische Krise protestierten,
       gehen Kubaner*innen wieder auf die Straße.
       
       Anders als 1994 sind es Tausende, inselweit, die am Sonntag und Montag auf
       die Straßen gingen. 1994 stellte sich der damalige Präsident Fidel Castro
       der Menge zum Dialog. Dieses Format nutzt [2][Miguel Díaz Canel] nicht: Er
       setzt auf die Spezialeinheiten des Innenministeriums und die Polizei, um
       die angeblich von den USA orchestrierten Proteste niederzuschlagen.
       
       Mit seinem Befehl Alle Revolutionäre auf die Straße! hat er die
       Konfrontation weiter angeheizt. Dabei soll auch auf unbewaffnete
       Demonstranten geschossen worden sein. Ein Bruch in Kubas jüngerer
       Geschichte. Für Fidel und Raúl Castro, die beiden Ikonen der kubanischen
       Revolution, war der Waffeneinsatz von Polizei oder Militär gegen die eigene
       Bevölkerung immer ein Tabu.
       
       Bilder und Videos von der Insel legen nahe, dass das unter Miguel Díaz
       Canel anders ist. Der 61-jährige Elektroingenieur, dem noch 2018 viele
       Kubaner*innen den Dialog zutrauten, setzt auf die repressive Karte. Im
       November letzten Jahres ging er mit Hausarrest und [3][Internetsperre]
       gegen aufbegehrende Künstler*innen vor. Nun setzt er Spezialeinheiten
       gegen die eigene Bevölkerung ein. Fidel Castro würde sich im Grabe
       umdrehen, denn seine Revolution verspielt gerade ihren letzten Kredit.
       
       14 Jul 2021
       
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