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       # taz.de -- Elefantenzucht im Zoo Hannover: Erstmal keine Babys mehr
       
       > Der Zoo Hannover will sein Zuchtprogramm für Asiatische Elefanten
       > aussetzen. Die Tierrechtsorganisation Peta begrüßt die Entscheidung.
       
   IMG Bild: Wird es fürs Erste nicht mehr geben: Elefanten mit Jungtieren im Zoo Hannover, hier im Jahr 2016
       
       Hannover taz | Dschungelpalast. Klangvoll hört er sich an, dieser Name.
       Nicht dass die Herde Asiatischer Elefanten, die der Zoo Hannover zeigt,
       viel davon hat, dass ihr Gehege einer Filmkulisse gleicht. „Da geht es eher
       drum, dass es für die Besucher nett aussieht“, sagt Biologin Yvonne Würz,
       Fachreferentin für Tiere in Zoo und Zirkus bei der Tierrechtsorganisation
       Peta Deutschland. „Tiere auf so kleinem Raum zu halten, die in der Natur
       bis zu 25 Kilometer pro Tag in ihrem teils Hunderte Quadratkilometer großen
       Streifgebiet zurücklegen, ist artwidrig“, sagt sie.
       
       Peta würde die Elefantenhaltung in Zoos am liebsten komplett einstellen.
       Aber BesucherInnen wollen Elefanten sehen. Also bauen Zoos Anlagen wie den
       indischen Dschungelpalast, der mit seinen künstlichen Ruinen auf
       Maharadscha-Feeling setzt und als eine „traumhafte Welt“ verstanden werden
       will, „wie aus 1001 Nacht“.
       
       Derzeit besteht die Elefantenherde des Zoos Hannover, die seit 2003 ganze
       18 Mal Nachwuchs hervorgebracht hat, aus einer älteren Leitkuh und zwei
       Müttern mit drei Jungtieren. Das soll sich 2024 ändern. Geplant ist der
       Aufbau einer Jungbullengruppe.
       
       Die Strategie des Dachverbands European Association of Zoos and Aquaria
       (EAZA) sehe vor, „die Zucht vorerst zurückhaltender voranzutreiben“, heißt
       es in einem Statement, das Lisa May, Leitung Unternehmenskommunikation, auf
       taz-Anfrage im Namen des Zoos übermittelt. Es gebe eine „stabile Population
       in den Zoos“. Ein Ende der Zucht in Hannover bedeute das jedoch nicht. Der
       Zoo wolle „für die nächsten Jahre eine andere, wichtige Rolle in der
       Zoogemeinschaft“ und im Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP)
       übernehmen. Es fehlt Platz für „Bachelorgruppen“ männlicher Tiere. Den
       schafft Hannover jetzt.
       
       ## Elefantendressur abgeschafft
       
       „Ein guter Zwischenschritt“, sagt Tierrechtlerin Würz. „So werden hier
       wenigstens keine neuen Tiere mehr für die Gefangenschaft produziert, die ja
       viel Leid bedeutet.“ Das Argument des Zoos, Zucht diene dem Artenschutz,
       der Schaffung von Reservepopulationen für in der Wildbahn bedrohte Arten,
       lässt sie für Elefanten nicht gelten: „Eine Aussicht, jemals ausgewildert
       zu werden, besteht für die Tiere ja nicht.“ Es werde lediglich
       sichergestellt, dass es genügend Nachwuchs für die Präsentation in Zoos
       gibt.
       
       Die Haltung der Elefantenherde im Zoo, dessen Gesellschafter die Region
       Hannover ist, hat sich in den letzten Jahren stark geändert. 2017 hatte
       Peta mit heimlichen Videoaufnahmen gezeigt, dass die Tiere durch den
       Einsatz von Metallhaken und Peitschen für zirkusähnliche Besuchershows
       gefügig gemacht wurden: Man sieht sie Männchen machen, im Gänsemarsch
       gehen, sich um die eigene Achse drehen, ihre Vorderfüße auf den Rücken des
       Vordermanns stellen. Diese Form der Dressur ist mittlerweile abgeschafft,
       obwohl die Strafanzeige von Peta ins Leere lief: Das Verfahren wurde
       eingestellt.
       
       Seit 2018 wird in Hannover mit den Elefanten im „geschützten Kontakt“
       gearbeitet, auf den alle EAZA-Mitglieder bis 2030 ohnehin umstellen müssen.
       Die PflegerInnen haben so in der Regel keinen direkten Zutritt zum Gehege
       mehr, können die Tiere also nicht dominieren.
       
       Die Peta-Kampagne von 2017 habe sich „in allen Punkten als haltlos und
       sachlich falsch erwiesen“, sagt der Zoo auf Anfrage der taz. Peta sieht das
       anders: Alle Gutachten hätten „erhebliche Leiden und Schmerzen“ attestiert.
       
       Die Elefantenanlage des Zoos ist derweil Teil von Investitionen in
       Millionenhöhe. Derzeit wird die Außenanlage modernisiert, Fertigstellung
       voraussichtlich Ende 2021. In 2024 soll der Bau einer Laufhalle
       abgeschlossen sein. Die neuen Anlagen seien „so konzipiert, dass sie sowohl
       für Elefantenkühe als auch für Elefantenbullen geeignet sind und die
       aktuellen Erkenntnisse zum Tierwohl aufnehmen“, teilt der Zoo mit. Eine
       „Rückkehr zu einer züchtenden Herde“ sei „nicht ausgeschlossen“. „Auch die
       Jungbullen sind ja letztlich Teil der Zucht“, sagt Würz. „Nur dass dann in
       Hannover keine Elefanten mehr geboren werden.“
       
       Für seine Elefantenherde attestiert sich der Zoo in Hannover eine gute
       Bilanz: Man habe im EEP„einen wichtigen Beitrag zum Erhalt dieser Tierart
       geleistet“. Die ist in der Tat in der freien Natur stark gefährdet. Aber
       Elefanten in Transportkisten an Bord von Frachtflugzeugen zur Auswilderung
       unterwegs in Länder wie Sri Lanka, muss man sich dabei nicht vorstellen.
       Der Beitrag ist genetisch, didaktisch, finanziell.
       
       15 Jul 2021
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Harff-Peter Schönherr
       
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