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       # taz.de -- Zum Tag für nichtbinäre Personen: Gender ist eine Horrorshow
       
       > So etwas wie nichtbinäres Aussehen gibt es nicht. Aus der
       > Zweigeschlechtlichkeit kann man sich aber leider nicht rauskaufen.
       
   IMG Bild: Eine Körperhälfte stereotyp maskulin, die andere stereotyp feminin: geiler Look oder Horrorshow?
       
       Vier Monate etwa ist es her, da war der 8. März und damit einhergehend die
       saisonale Diskussion darüber, ob er Frauentag, Frauenkampftag,
       Frauen*kampftag oder Feministischer Kampftag heißen sollte. Auf Twitter
       kam der Vorschlag, den Tag einfach beim Frauentag zu belassen. Nichtbinäre
       Personen hätten ja den 14. Juli. Der 14. Juli, fragen sich manche jetzt
       vielleicht, was soll da sein? Genau. Der [1][Internationale Non-Binary
       People’s Day], wird sogar von einer ganzen Non-Binary Awareness Week
       umrahmt. Juckt scheinbar trotzdem keine_n.
       
       Konzerne, die [2][im Juni noch mit Regenbogen-Logos flexten], besinnen sich
       nun zurück auf ihre wa(h)ren Werte. Fulminante Feuerwerke oder
       Trans-Flaggen an offiziellen Gebäuden bleiben aus. Nicht mal Promo-Codes
       erreichen mich. Dabei wären Rabatte für nichtbinäre Personen nur fair.
       Jeder meiner Genderausdrücke hat einen eigenen Style. Knielange
       Basketballshorts mit weitem Sportshirt und Tennissocken an einem Tag, einen
       Juicy-Couture-Anzug am nächsten und direkt danach Kleidung im Stil von
       androgynen Kunststudis, also so beigebraune Stofffragmente mit nach außen
       gedrehten Nähten, die wie unfertige Schnittmuster aussehen.
       
       Um dem gerecht zu werden, braucht es einen großen Kleiderschrank und ein
       noch größeres Budget. Oder? Innerhalb einer kapitalistischen Logik
       verschwimmt die Grenze zwischen Bedürfnis und Konsumlust sehr schnell. Löst
       dieses übergroße Hemdkleid in mir wirklich Gender Euphoria aus oder bin ich
       auf die Illusion reingefallen, ich könnte mich aus der
       Zweigeschlechtlichkeit rauskaufen?
       
       Statt über die kapitalistische Vereinnahmung von queeren Themen, über die
       kolonialen Kontinuitäten, die Verortung nichtbinärer Personen im
       Materialismus oder trans Rechte zu diskutieren, bleibt es in Deutschland
       wie immer basic. Irgendwelche politischen Parteien fragen mich für Beiträge
       an, in denen ich als nichtbinäre Personen zu Wort kommen soll und
       misgendern mich dabei. Oder ich muss beantworten, warum ich mich feminin
       präsentiere, wenn ich keine Frau bin.
       
       ## Nichtbinäres Aussehen gibt es nicht
       
       Dabei gibt es so etwas wie nichtbinäres Aussehen nicht. Wenn du nichtbinär
       bist und zu deiner Geburt weiblich eingeordnet wurdest, sollst du dich
       maskulin geben, um authentisch nichtbinär zu sein, und vice versa. Die
       andere Option wäre, einen Mittelscheitel zu ziehen und die eine
       Körperhälfte vom Haaransatz bis zu den Zehen stereotyp maskulin zu
       dekorieren, etwa mit kurzer Frisur, Bart, eingerieben mit
       9-in-1-Shampoo/Duschgel/Creme/Rasierschaum/Rohrreiniger, und die andere
       stereotyp feminin mit Schminke, Kleid und Ballerinas.
       
       Mag sein, dass es an manchen ein geiler Look wäre, für mich klingt es eher
       wie
       Ich-wollte-zu-Halloween-im-Partnerkostüm-als-Heteropaar-gehen-wurde-a
       ber-versetzt-und-trage-beide-gleichzeitig. Passt vielleicht gar nicht
       schlecht, denn Gender ist eine einzige Horrorshow. In dem Sinne: Gute Non
       Binary Awareness Week!
       
       14 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.stonewall.org.uk/about-us/news/10-ways-step-ally-non-binary-people
   DIR [2] /Die-EM-im-Zeichen-des-Regenbogens/!5780329
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hengameh Yaghoobifarah
       
       ## TAGS
       
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