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       # taz.de -- Unterstützung für Flutopfer: Soforthilfen bald auf dem Weg
       
       > Nach der Flutkatastrophe wollen Bund und Länder den Opfern helfen.
       > Straßen und Brücken sollen schnell wieder nutzbar sein.
       
   IMG Bild: Merkel hilf! Besuch des vom Hochwasser betroffenen Iversheim
       
       Berlin taz | Am Mittwoch entscheiden Bund und Länder über die finanzielle
       Unterstützung für die Opfer der Flutkatastrophe im Westen und Süden
       Deutschlands. Die Bundesregierung will ein Wiederaufbauprogramm in
       Milliardenhöhe auf den Weg bringen, an dem sich alle Länder beteiligen
       sollen. Außerdem soll ein mittlerer dreistelliger Millionenbetrag an
       Soforthilfe für die Opfer zur Verfügung gestellt werden – unklar ist aber
       noch, wer sie bekommt.
       
       Die Bundesregierung werde alles daran setzen, dass das Geld „schnell zu den
       Menschen kommt“, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag bei
       einem gemeinsamen Besuch mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) im
       verwüsteten Bad Münstereifel.
       
       Bei den Überflutungen sind mehr als 160 Menschen ums Leben gekommen. Wie
       hoch der [1][gewaltige materielle Schaden] ist, steht noch immer nicht
       fest. Bayern hat bereits am Dienstag 50 Millionen Euro für Soforthilfe
       bereitgestellt. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte an, dass
       Betroffene mit einer schnellen Unterstützung von bis zu 5.000 Euro rechnen
       können. „Bei Personen, die ihr Gebäude und ihren Hausrat trotz
       Versicherbarkeit nicht gegen Elementarschäden versichert haben, wird
       allerdings ein Abschlag von 50 Prozent vorgenommen“, teilte die bayerische
       Staatskanzlei mit. „Bei Erhalt von Versicherungsleistungen werden diese auf
       staatliche Hilfen angerechnet.“
       
       Die Ministerpräsidentenkonferenz hatte 2017 beschlossen, dass es für
       Betroffene ohne möglichen [2][Versicherungsschutz] keine staatliche
       Soforthilfe bei Überschwemmungen mehr geben soll. Die rheinland-pfälzische
       Staatskanzlei wollte mit Hinweis auf andauernde Beratungen nicht sagen, wie
       das Land damit nun umgeht. Nordrhein-Westfalen wird in Zusammenhang mit dem
       gemeinsamen großen Hilfspaket mit dem Bund über diese Frage entscheiden,
       sagte ein Sprecher des NRW-Finanzministeriums der taz.
       
       ## Zerstörte Infrastruktur
       
       Neben Eigentum von Privatpersonen wurden in den Flutgebieten große Teile
       der Infrastruktur zerstört. Allein der Deutschen Bahn ist ein Schaden von
       1,3 Milliarden Euro entstanden sein, heißt es in Regierungskreisen. Auch
       die Zerstörung von anderen Verkehrswegen ist gewaltig. Für die Schäden an
       Autobahnen und anderen Straßen gibt es noch keine konkreten Schadenszahlen.
       Allein an der Ahr sind wahrscheinlich 20 von 35 Brücken zerstört.
       
       Das Bundesverkehrsministerium hat eine Task Force eingerichtet, in der
       Vertreter:innen aus der Infrastrukturabteilung des Hauses,
       nachgeordneten Behörden wie der Autobahngesellschaft des Bundes, der
       Deutschen Bahn und von Mobilfunkanbietern zusammenarbeiten. Nach Angaben
       eines Ministeriumssprechers haben sich bereits rund zwei Dutzend
       Expert:innen zu einer ersten digitalen Konferenz getroffen. „Es geht
       nicht um politische Diskussionen, sondern ums Anpacken“, sagte er. Die
       Expert:innen haben eine erste Bestandsaufnahme der Schäden vorgenommen
       und geklärt, ob und wie Kräfte vor Ort sie schnell beheben können.
       
       Dabei geht es vielfach um vorläufige Lösungen, die es überhaupt erst
       ermöglichen, sich um den eigentlichen Schaden zu kümmern. So sollen
       Behelfsstraßen und -brücken eingesetzt werden, damit schwere Maschinen zu
       den zerstörten Orten durchkommen. Der Bund verfügt über Behelfsbrücken für
       den Katastrophenfall.
       
       Schwierig ist auch das Ineinandergreifen der Aufräumarbeiten. Verschiedene
       Infrastrukturen müssen parallel wieder hergestellt werden. Errichten
       Mobilfunkbetreiber etwa zerstörte Antennen wieder, nützt das nichts, wenn
       es keinen Strom für den Betrieb der Anlagen gibt, sagte der Sprecher.
       Sobald die Erfassung der Schäden weiter fortgeschritten ist, will die Task
       Force die Projekte priorisieren.
       
       ## Ablenkungsmanöver Bahnreform
       
       Damit die Aufräumarbeiten schnell vorangehen können, hat das
       Bundesverkehrsministerium Ausnahmen von den Ruhe- und Lenkzeiten für
       Lkw-Fahrer:innen zugelassen. Außerdem wurde das Fahrverbot an Sonn- und
       Feiertagen aufgehoben.
       
       Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte als Reaktion auf die
       Überflutung eine Bahnreform angemahnt, die den Staatskonzern verpflichten
       soll, Klimaschutzziele einzuhalten. Das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen
       (NEE), in dem Konkurrenzunternehmen der Deutschen Bahn organisiert sind,
       fragt sich ernsthaft, ob damit der Reformbedarf verschleiert oder
       lächerlich gemacht werden soll.
       
       NEE-Geschäftsführer Peter Westenberger hält die Ansage des
       Verkehrsministers für ein Ablenkungsmanöver. Der gesamte Bahnsektor dränge
       die Politik seit Jahren zu ambitionierten Klimazielen im Verkehr und auf
       eine Reform. „Erst war es die neue DB-Strategie, dann die SPD und
       schließlich Corona, weswegen es angeblich nicht einmal Vorarbeiten zu einer
       Bahnreform geben konnte“, kritisierte er. Die kommende Bundesregierung
       solle eine Kommission einberufen, die bis 2022 die aktuelle Struktur
       überprüft und bis 2023 Vorschläge für Veränderungen vorlegt, forderte er.
       
       20 Jul 2021
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anja Krüger
       
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