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       # taz.de -- Die Zukunft der Grünen: Eine andere Baerbock
       
       > Wie muss der Plan der Grünen aussehen, um den Absturz in den Umfragen zu
       > stoppen? Baerbock muss in jedem Fall anders auftreten, um zu bestehen.
       
   IMG Bild: Kann ein neuer Sprech- und Auftrittsstil ihren Image-Schaden stoppen?
       
       Richard Nixon, der alte Sack, wurde dank eines legendären Tricks zum
       US-Präsidenten gewählt. Das zentrale politische Problem 1968 war der
       Krieg in Vietnam, und Nixon sagte im Wahlkampf auf die Frage, wie man da
       wieder rauskomme: „Ich habe einen Plan.“ Daran muss ich denken, wenn die
       Bundesgeschäftsstelle der Grünen jetzt sagt, sie hätten einen Plan, um ihr
       Problem zu lösen. Nixon hatte selbstverständlich keinen. Die pure
       Behauptung reichte.
       
       Klar, hoffen manche Grüne, dass [1][die klimakrisenbedingte Katastrophe im
       eigenen Land] alles wieder verändern werde. Jetzt wird erst mal Armin
       Laschet durchs Dorf gejagt. Aber ohne, erstens, wirklich zu verstehen, was
       man falsch gemacht hat und was das Problem ist, kann man es nicht besser
       machen. Das Problem ist [2][der Glaubwürdigkeitsverlust] außerhalb der
       eigenen Partei.
       
       Daraus folgt zweitens: Die Kanzlerkandidatur ist Geschichte. Oder besser
       gesagt: Zukunft.
       
       Der erste Versuch mit Annalena Baerbock hat noch nicht funktioniert. Die
       Bundesvorsitzende ist in dieser Woche wieder die unbeliebteste
       Spitzenpolitikerin im Land. Sogar noch deutlich unbeliebter als Christian
       Lindner. Das liegt am Stil der Kandidatur, die zu prätentiös und
       geschwollen daherkam. Es liegt an der Kandidatin, die sich einem großen
       Teil der Gesellschaft in Rekordzeit über negative Zuschreibungen bekannt
       gemacht hat. Und es liegt an der fehlenden grünen Krisenkompetenz und einem
       grotesken Whataboutism.
       
       Ja, es gibt Leute, die ihre undefinierte Männlichkeit durch Ausstoß von
       Bullshit gegen Frauen festigen wollen, das ist inakzeptabel, aber nicht
       repräsentativ für die aufgeklärte Mehrheitsgesellschaft. Und wer
       [3][„Trumpismus“] schreit oder „rechte Dreckskampagne“, der hat keine
       Ahnung vom Ausmaß der Polarisierung in den USA und wird eine ähnliche
       Entwicklung hier fahrlässig befördern.
       
       ## Mehr Habeck ist nicht die Lösung
       
       Also nicht mehr über das Kanzleramt reden. Es geht bei dieser Wahl nicht um
       die Symbolik des richtigen Geschlechts. Es geht um die Realität der
       richtigen Politik. So gesehen ist das zentrale Problem, dass es Baerbock
       als Person und Stimme nicht gelungen ist, im Zentrum der liberalen
       Gesellschaft das Vertrauen für eine ernsthafte Klimapolitik auszubauen, die
       durch [4][das EU-Klimagesetz] und das Urteil des Bundesverfassungsgerichts
       bereits festgeschrieben ist. Die nichtsdestotrotz eine starke
       Mehrheitskultur braucht, die das trägt.
       
       Konkret ist eine auf Bewahrung von Freiheit und Wohlstand zielende
       Klimapolitik für viele immer noch eine Drohung. Ja, die Weiter-so-Strategie
       der Union desavouiert sich in dieser Woche selbst. Aber damit kann man sie
       noch längst nicht abhaken. Schon übermorgen könnten Union, SPD und FDP
       wieder Parkplätze verteidigen. Und dann muss ein großer Teil der Mitte
       sagen: Quatsch, wir folgen Frau Baerbock. Danach sieht es nicht aus.
       
       Manche Grüne scheinen zu hoffen, man brauche einfach mehr Habeck und
       weniger Baerbock. Mehr Habeck auf jeden Fall. Der zweite Spitzenkandidat
       kam diese Woche super an, das liegt nicht nur an seiner – offenbar in der
       Partei solitären – Krisenkommunikationskompetenz, sondern auch an den
       Rauf-und-runter-Bedürfnissen von uns Medien.
       
       Doch weniger Baerbock wird nicht klappen. Alle, die grünes Blut gerochen
       haben, werden nicht lockerlassen, da wären sie ja schön blöd. Würde man sie
       sogar austauschen, wie Böswillige raten, würde man sich selbst vollends
       k.o. schlagen. Es gibt nur eine Lösung. Es braucht nicht weniger Baerbock,
       sondern [5][eine andere Baerbock – anders auftretend, anders sprechend.]
       
       Wie soll das gehen? Das weiß ich doch nicht. Aber es ist der einzige Weg.
       
       18 Jul 2021
       
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