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       # taz.de -- Libyen-Konferenz in Berlin: Tropfen in der libyschen Wüste
       
       > Mit der Einheitsregierung und einem vereinbarten Wahltermin geht die
       > Stabilisierung Libyens voran. Gefährlich und problematisch bleiben die
       > Söldner.
       
   IMG Bild: US-Außenminister Antony Blinken im Gespräch mit dem libyschen Premierminister Dbaiba
       
       Die politische Roadmap für Frieden und Stabilität in Libyen bleibt eine
       große Baustelle – daran ändert auch die internationale [1][Libyen-Konferenz
       in Berlin], zu der Deutschland und die UNO geladen hatten, wenig. Die
       wichtigste Neuerung: Erstmals gab es mit der im Februar geschaffenen
       Übergangs-Einheitsregierung einen von allen Seiten anerkannten einzigen
       libyschen Gesprächspartner und sogar eine Gesprächspartnerin, mit dem die
       internationale Gemeinschaft verhandeln kann.
       
       [2][Premierminister Abdulhamid Dbaiba] und seine Außenministerin Najla
       Mangoush waren in Berlin die Hoffnungsträger für die Fortsetzung des
       politischen Prozesses und der Wiedervereinigung des gespaltenen Landes, die
       am 24. Dezember in Parlamentswahlen münden sollen. Das ist eine positive
       Entwicklung und wäre noch vor dem Waffenstillstand, auf den sich beide
       Seiten letzten Oktober geeinigt hatten, völlig undenkbar gewesen.
       
       Aber das Gespenst der Spaltung geisterte in Berlin vor allem in Form jener
       Mächte herum, die in dem nordafrikanischen Land immer noch den
       verschiedenen Seiten der einstigen Bürgerkriegsparteien vor allem mit
       Söldnern zur Seite stehen. Der türkische Konferenzgast unterstützt die
       Milizen im Westen des Landes und in der Hauptstadt Tripolis mit türkischen
       Militärberatern und angeheuerten syrischen Söldnern. Gast Russland mischt
       im Osten des Landes mit Söldnern der russischen Wagner-Gruppe mit.
       
       Dort haben auch die Arabischen Emirate, ebenfalls in Berlin anwesend,
       sudanesische Söldner auf ihrer Gehaltsliste. So gibt es zwar eine
       Einheitsregierung in Libyen, aber die beiden alten Bürgerkriegsparteien
       beäugen sich noch immer misstrauisch, unterstützt von [3][verschiedenen
       ausländischen Mächten], die mit Hilfe ihrer Söldner einen Fuß im ölreichen
       Libyen haben und ziemlich ungern gehen würden. Diese Dynamik zu brechen,
       war eine der Hauptaufgaben der Berliner Konferenz.
       
       ## Überschwänglich optimistische Außenministerin
       
       In der Abschlusserklärung heißt es einmal mehr, dass der vollständige Abzug
       aller ausländischen Kämpfer „ohne weitere Verzögerung“ stattfinden muss.
       Aber wie viele Fortschritte hier erzielt werden, macht sich leider nicht an
       Konferenzpapieren fest. Schon bei der letzten Libyen-Konferenz in Berlin,
       die Anfang vergangenen Jahres stattfand, gab es vollmundige
       Absichtserklärungen aller Seiten zum Abzug ihrer Söldner. Geschehen war
       seitdem nichts.
       
       Nun gibt es einen erneuten Anlauf, und zumindest Libyens neue
       Außenministerin gab sich zum Abschluss der Konferenz in Berlin geradezu
       überschwänglich optimistisch und verlieh ihrer Hoffnung auf einen Abzug der
       Söldner schon in den kommenden Tagen Ausdruck. Ob das tatsächlich ein
       konkreter Plan oder mehr Wunschdenken geschuldet ist, muss sich jetzt
       zeigen. Der deutsche Außenminister Heiko Maas gab sich verhaltener.
       
       Er glaube, es gäbe eine Verständigung zwischen Russland und der Türkei,
       ihre Söldner abzuziehen. Das werde aber sicherlich nicht über Nacht
       geschehen, warnte er. Und von den Emiraten und ihren sudanesischen Söldnern
       sprach er erst gar nicht. Ein Beamter des US-Außenministeriums, dessen Chef
       Antony Blinken ebenfalls Konferenzgast war, redete davon, dass sich
       Russland und die Türkei geeinigt hätten, erst einmal auf beiden Seiten 300
       Söldner abzuziehen.
       
       Ein Tropfen, der ganz schnell im libyschen Wüstensand versickern und
       verdunsten wird. Die UNO schätzt, dass sich derzeit in Libyen 20.000
       ausländische Söldner befinden. Um da wirklich ans Ziel zu kommen, müssen
       noch viele Libyen-Konferenzen in Berlin angesetzt werden.
       
       24 Jun 2021
       
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