# taz.de -- Kritik an deutscher Fischereipolitik: Ministerin für laxe Kontrollen
> Die deutsche Fischereiministerin Julia Klöckner setzt sich bei der Reform
> der EU-Fischereikontrollen für schwache Regeln ein, kritisiert der WWF.
IMG Bild: Achtung Heringe, aufgepasst!
Berlin taz | Heringe und Schweinswale aufgepasst, am Montag wird es wichtig
für euch: Auf seiner Sitzung wird der EU-Ministerrat seine Position zur
Reform der Fischereikontrollverordnung festlegen. Diese EU-Regulierung
bestimmt, wie die Fischer der EU-Fangflotte überwacht werden: [1][ob
effektiv kontrolliert wird, ob sie sich an Fangquoten halten, ob sie nur
die Fische fangen, die sie dürfen], und wie sie mit Beifang umgehen.
Ministerin Julia Klöckner (CDU) will sich auf der Sitzung des Ministerrats
für eher laxe Kontrollen einsetzen. Beispielsweise will sie nur sehr großen
Fischkuttern, die länger als 24 Meter sind und ein hohes Risiko für
illegale Rückwürfe haben, eine elektronische Fernüberwachung per
Videokamera und Sensoren an Bord vorschreiben. „Mit dem Einsatz von Kameras
sind nicht unerhebliche Eingriffe in die Grundrechte der Fischer
verbunden“, sagt eine Sprecherin des BMEL, „daher sollte er vor allem für
die Fälle vorgesehen sein, in denen andere Maßnahmen keine effektive
Kontrolle bieten.“ Zudem sei er nur für bestimmte Flottensegmente
angemessen, insbesondere bei kleinen Fahrzeugen dürfte der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit in der Regel nicht gewahrt sein.
„Damit wären mehr als 96 Prozent der europäischen Fischereiflotte von der
Vorschrift ausgenommen“, kritisiert Stella Nemecky, Fischerei-Expertin des
WWF.
Ein weiterer Kritikpunkt der Naturschutzorganisation: Fische und
Meeresfrüchte sollen nicht verpflichtend digital vom Netz bis auf den
Teller verfolgbar sein; auch Zubereitungen von Meerestieren, etwa
Dosenfisch, sollen nicht rückverfolgbar sein. In der Folge würden
Verbraucher:innen nicht beurteilen können, ob der Fisch in ihrem
Einkaufswagen legal und nachhaltig sei, aber auch die Menschenrechte
eingehalten werden“, befürchtet Nemecky. Bestände drohten weiterhin
überfischt und Ökosysteme beschädigt werden.
Dass effektive Kontrollen des Fischfangs bislang fehlen, zeigen Zahlen der
Welternährungsorganisation FAO, nach denen jeder fünfte gefangene Fisch
illegaler Fischerei entstammt. Den Beständen von Dorsch und Hering in der
Ostsee droht der Kollaps, der [2][Schweinswal ist dort vom Aussterben
bedroht]. Trotzdem landen noch immer Beifänge der seltenen Tiere in den
Netzen vor allem der Stellnetzfischerei.
Hat der Ministerrat seine Position zur Kontrollverordnung festgelegt,
beginnen die Verhandlungen mit Kommission und Parlament darüber.
25 Jun 2021
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## AUTOREN
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